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Melbourne – Geelong – Halls Gap

Willkommen in Australien!

Unendliche Weiten, raue Landschaften und wilde Tiere. Auf meinem Weg im V-Line-Zug nach Geelong, ca. eine Zugstunde südlich von Melbourne, bemerke ich ziemlich schnell zwei Dinge. Erstens: Hier hat der Sturm richtig heftig gewütet. Zweitens: Hier gehts ab aufs Land. Geelong ist die zweitgrösste Stadt in Victoria, wobei ich noch nicht wirklich die Stadt ausmachen kann. Es ist mehr eine Ansiedlung von Häusern entlang einer Hauptstrasse, kleine Geschäfte preisen ihre Waren an und unmittelbar dahinter beginnt der Vorort. Wenn Australier von grossen Städten sprechen, dann meinen die definitiv die Fläche und nicht die Einwohner. Und: Wisst ihr, dass Australien nach den USA, das Land mit den meisten Fettleibigen ist? Ich auch nicht! In den Städten sieht man das nicht. Aber aufm Lande, ja da hockense. Der Zug hätte nicht überbucht sein dürfen, denn die meisten Insassen benötigen zwei Sessel.

Am Bahnhof klappt dann auch alles bestens. Jenna holt mich mit Nils, dem Bruder des Mannes ihrer Schwester ab. Wir unterhalten uns gleich mal angeregt über alles, was die Gedanken von Travellern und Locals derzeit kreuzen und fahren dabei gute drei Stunden über Land. Jenna hat nämlich so ihre Pläne mit mir. War ich doch der Meinung wir würden nach Geelong fahren, geht es direkt zu ihrer Schwester aufs Land. Mei, das ist ein Spass! Endlich mal in einem Auto sitzen, Scheibe runter und den Wind spüren, der einem richtig fühlen lässt, dass man unterwegs ist. Ja, in diesem Auto fühle ich mich bereits nach wenigen Stunden mehr in Australien, als während der ganzen Zeit in Melbourne. Nicht, dass ich diese Stadt nicht mag, aber es ist gut, gehts jetzt langsam los.

Ziel ist ein Ort namens Halls Gap. Von diesem Ort aus gehts nochmals gut zehn Minuten durch den Wald. Das erwähne ich nur, weil meine Mutti immer sagt, dass man in Australien mit dem Auto zur Schule muss. So auch die fünfjährige Isobel, die zusammen mit ihrem zweijährigen Bruder Miles und ihren Eltern Tracy und Gjult in diesem wunderschönen Haus mitten im Bush leben. Ein herrliches Anwesen. Der Garten ist gross und ich finde andauernd neue Dinge darin versteckt, wie einen alten VW-Käfer oder kleine Steinstatuen, die im hohen Gras kaum zu erkennen sind. Und immer wieder finde ich in einer Ecke neue Tiere. Hier gibts Hühner, Hunde, Katzen, Gänse und einen kleinen Kakadu namens Willy. Ein wahres Paradies und für mich ein absoluter Glücksfall, denn wir bleiben hier. Handy funktioniert zwar nicht und Internet gibts hier kaum, aber das stört mich im Moment gar nicht.

Endlich hab ich wieder ein Plumpsklo. Seit wir diesen Sommer in Finnland schon solche Dinger benutzten, bin ich ein echter Fan dieser Art der Kompostproduktion geworden. Tracy, Jennas ältere Schwester, erzählt mir, dass sie erst vor Kurzem eingezogen sind und es ihr längerfristiges Ziel sei, sich selbst zu versorgen. Ich staune nicht schlecht darüber. Wieder stussen wir stundenlang über dies und das und nebst der Erkenntnis, hier auf sehr linksdenkende, naturliebende Menschen getroffen zu sein, stelle ich fest, das mein Englisch inzwischen so sattelfest ist, dass ich ohne Probleme den ganzen Abend mitdiskutieren kann.

Für Jenna und mich ist es das erste Wiedersehen, seit wir uns damals in dieser kleinen Hütte im isländischen Winter getroffen haben. Umso erleichterter ist auch sie, dass ihre Familie mich gleich so integriert. Ja, was Gastfreundschaft betrifft, habe ich langsam aber sicher das Gefühl, dass wir Schweizer hinter vielen Nationen anstehen müssen. Mal sehen, was für morgen geplant ist. Nils erzählt was von einem Jazz-Festival. Langsam fühl ich mich echt wie der Herr Carsten Alex. Rannte er doch in seinem Buch immer wieder den Jazz-Kaffees hinterher. Ausser, dass ich in Australien etwas mehr Spass habe, wie er.

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