Es regnet …
Schon ziemlich schnell ergreift mich der Ernst des Lebens wieder. So begeben wir uns, ich und mein Lonely Planet (auch sehr gut als Kopfkissen zu verwenden) in den Park und geniessen das zuerst tropische Wetter. 35 °C und eine Luftfeuchtigkeit, wie ich sie noch nie erlebt habe. Was das bedeutet, werde ich noch am eigenen Leibe erfahren. Als wären im Himmel alle Staudämme auf einmal gebrochen, platzt der Regen auf die Stadt herab. Auf das Pärchen neben mir, auf den roten Papagei im Baum, auf die Pro-Assange- und Anti-Ägypten-Demonstranten auf dem Federation Square und auf den gerade ankommenden Leo und mich.
Innert Sekunden sind wir komplett durchnässt. Das ist aber noch das kleinste Übel. Melbourne bekommt die volle Power des Tropensturmes Yasi zu spüren und die halbe Stadt steht innert Minuten unter Wasser. In der Chapel Street stehen Fahrzeuge und Menschen innert kürzester Zeit knietief im feuchten Nass. Die meisten nehmen es mit Humor. Ziehen ihre Schuhe aus und waten zu Fuss durch die überfluteten Strassen.
Es ist Freitagabend und alle haben ihre Appointments. Wie auch wir. Es ist Brunas Geburtstag und wir sind zu ihrem Geburtstagsdinner geladen. Die Arme muss 45 Minuten auf ihre Gäste warten. Aber wir sind nicht die einzigen, die zu spät kommen. Patrick, der Arme, stellt zu Hause fest, dass er keine trockenen Kleider mehr hat und bleibt deswegen im Haus. Wir jedenfalls haben einen tollen, feuchtfröhlichen Abend und lassen uns von der Lebensfreude unserer brasilianischen Friends anstecken. Wir sehen Daniel wieder, der wie auch Bruna als Kellner im Pan Asian arbeitet, und der alles gibt, um ihr einen schönen Prinzessinnen-Abend zu bescheren.
Bruna ist ein Beatles-Fan. Und was macht die Kleine für grosse Augen, als sie unser Geschenk auspackt, für das wir alle zusammengelegt haben. Das Bächlein stoppt erst, nachdem alle Telefonate in die Heimat getan sind. Bruna hat nicht viel. Arbeitet zu nem Hungerlohn und weiss was es heisst, nichts oder eben doch etwas geschenkt zu kriegen. Das sind Eindrücke, mit denen wir Schweizer, die wir doch alles haben, nur bedingt umgehen können. Da steht er nun in ihrem Zimmerchen, der Beatles-Bildband. Ein toller Abend geht zu Ende. Etwas früh, aber jeder hat etwas Respekt vor dem bösen Erwachen, könnte doch inzwischen das eigene Haus vollgespült sein. Ja, jetzt haben auch wir ihn – den Zyklon.