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Geschrieben im 2014

Meisterschüler

Schon in der Schule habe ich es verstanden die Leute dazu zu bringen, mir aus der Hand fressen. Ich brauchte nur: «Mobbt mich, mobbt mich!» zu sagen und schon liefs rund. Somit ist auch klar, weshalb mir dieser Ort so viel Spass machte, dass ich jeden Tag gerne hinging … mit der entsprechenden Quote an richtig schlechten Noten. Mein Mathelehrer würde wohl nen Hinkelstein nach mir schmeissen (er verfügte über markante Merkmale, die er mit einem gallischen Dorfbewohner teilte), aber was eine Integralrechnung ist, weiss ich heute noch nicht. Könnte was mit Indiana Jones zu tun haben – Inte-Gral!

Die offensichtliche Charakterzüge des Voll-Nerds endeten in horrendem Comic-Konsum. Damit schien ich einiges kompensieren zu müssen, denn das von Franco und mir verfasste Fan-Zine war saugut und brachte uns beiden eine Berufslehre als Polygraf ein. Stets dem Pfad der Nerdheit folgend, wurde ich sogar Grafiker in einem Videospiele-Shop. Es war zwar noch immer langweilig, aber irgendwie dann doch okay.

Das war es also. Mein Leben. Ein Mittelstand-Job, eine Mittelklasse-Freundin, mit der die Verlobung ins Haus stand. Zweimal in der Woche Volleyballtraining und ab und an Eskapaden mit meinen Freunden. Dann mal wieder etwas Groupie sein bei «The Blue Van», einer tollen Band aus Dänemark und Städtetrips lagen auch drin. Besser konnte es nicht mehr kommen.

Das Fass vollends zum Überlaufen brachte meine kriselnde Beziehung. Jahrelang schwiegen wir alles tot, was irgendwie hätte besprochen werden müssen. Wir waren jung und wussten nicht wie es geht. Zudem war unser Horizont durch diese Selbst-Kastration sehr bescheiden. Das zeigte sich bei meinem Wunsch nach Tibet zu reisen. Jawohl, Lukas liess die Katze aus dem Sack. Bevor das ganze ernst wurde und man Ringe aussuchen geht, wollte ich weg. Dahin, wo ich seid «7 Jahre in Tibet» immer hin wollte. Aber sie wollte nicht.

Während sie ihre Katze fütterte und die Wohnung hegte und pflegte, sah man mich auf dem Sofa sitzen mit einer grossen Mickey-Mouse-Sprechblase über dem Kopf. In der ersten Szene sah man ein karikiertes Ich an meinem Arbeitsplatz mit einer Donnerwolke über dem Kopf. Das nächste war dann, wie ich all das stehen liess und mit meinen Lieben in einem VW-Bus in die Welt hinauszog, um all das hinter uns zu lassen. Wir sind wie zwei Sims geworden. Es spielte sich alles in denselben vier Wänden ab und sogar der Beischlaf war verpixelt.

Früher wollte ich nie reisen. Denn immer waren mir meine Freunde und Familie wichtiger. Als Mobbing-Kind höchster Güte war es für mich ein Segen endlich Freunde zu haben und das hielt mich wie ein Magnet zurück. Doch die Aussage des Mensches an meiner Seite: «Du willst ja doch nur rumvögeln, da brauch ich nicht mitzukommen» zeigte mir banal auf, wie verschieden wir waren und dass da nun plötzlich Träume waren, die sie nicht teilte und schon gar nicht unterstützte … Und dann das … 20 Sekunden der puren Madness … und plötzlich waren sie gebucht … die Tickets.

Dann ging es schnell. Beinahe in einer Parallelwelt lebend, organisierte ich in wenigen Tagen, für was andere ein Leben brauchen. Geld war da, gespart für die Zukunft zu zweit, alleine doppelt so viel wert, denn ich hatte mich entschieden. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ihr könnt mich alle mal am Arsch. Ich will verdammt nochmal mehr als das.

Es war ein krasses Gefühl. Alles zurückzulassen … Doch anstelle der Angst empfand ich eine Leere. Doch gerade das war irgendwie so entspannend. Ich wusste nicht auf was ich mich einliess. Alles was ich hatte war ein Rucksack, ein Ticket in der Hand und eine Adresse in Melbourne, Australien. Und das war alles, was ich in diesem Moment brauchte.

Dann war es soweit. Ein kleiner Mensch ging los, lief davon und liess zurück – um endlich gross zu werden. Mit welchem genauen Ziel? Er wusste es nicht und sollte es lange nicht erfahren. Und immer wieder lief dieses tolle Lied. Rückenwind von Thomas D.

Dieser Blog ist für Menschen, die gerne reisen wollen, sich aber nicht getrauen. Oder für Menschen die nicht wollen, weils daheim so schön ist und man mit diesem Buch unterm Kopfkissen jeden Abend verrreisen kann. Doch jetzt geht es nicht um die anderen, sondern um dich und ich freue mich, dass du dieses olle Buch oder den Blog noch nicht zu Seite gelegt hast. Ausser du bist gerade zu einer Reise aufgebrochen. Dann ist das natürlich super und das Ziel erfüllt. Ich will dich motivieren. Ich will dass du authentisch spüren kannst, was passiert ist, wie es passiert ist und wo es passiert ist und ich wünsche mir, dass es auch dir in irgend einer Form passiert.

Denn der Mensch, der dieses Vorwort schreibt, hat mit dem, der sogleich unter dem Titel «Jetzt gehts looos!», den er damals witzig fand, loslegt, nicht mehr viel gemein. Das ganze ging damit an, dass ich im Flieger diesen Benji traf. Aber nicht zu viel vor weg, damit die Spannung bleibt. Denjenigen, denen zwischenmenschliches Blabla nichts nützt, wünsche ich trotzdem viel Spass beim Lesen, denn ich habe mir immer Mühe gegeben die Orte so zu beschreiben, wie ich sie erlebt habe.

So jetzt ist genug geredet, lassen wir den Lukas ran.

Den Lukas von damals.

Es grüsst von Herzen

Der Lukas von heute

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