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Yangon

Der alte Mann im Tempel


„You have to shoot the coin into the bowl. If you succeed, you have good luck!“ Eben erst sind wir in das kleine Gebäude vom Tempel gekommen, wo sich hinter einem Gitter 10 Schüsseln motorbetrieben im Kreis drehen. Ein älterer burmesischer Mann ist an uns heran getreten und erklärt uns, wie das Spiel funktioniert. Wir tauschen einige Münzen und versuchen unser Glück. Sarah trifft am Laufmeter.Der kleingewachsene Mann hat kurzes, graues Haar und trägt einen braunen, traditionellen Longyi, das Tuch, das hier oft anstatt der Hose getragen wird. Er hat eine schöne, warme Aura. Er kommentiert jeden Treffer euphorisch mit: „Ohhh, you this one for promotion in job! Ohhhh good health! Promotion again!“ So gut wie Sarah heute trifft, ist sie bald CEO.

Wenn wir so willkürlich angesprochen werden, dann fragen wir uns manchmal skeptisch, warum diese Person das tut. Will sie Geld? Ist sie ein Tour Guide? Doch dies fühlt sich irgendwie anders an. So, dass wir weiter zuhören, was der kleine, alte Mann mit der weisen Ausstrahlung in seinem gebrochenen, aber selbstbewussten Englisch, zu erzählen hat.

„What day are you born?“ fragt er Sarah. Sarah sagt ihm das Datum und er verneint: „No, i mean the day.“ Wir verstehen, er meint den Wochentag. Wir sind uns nicht ganz sicher. Er zückt ein kleines Buch aus seiner Tasche und fängt an zu blättern. Im Mai zeigt er auf Sarahs Geburtsdatum. „You’ve born on a Wednesday. Morning or afternoon? Good luck is morning. Afternoon not good on Wednesdays. Like this, very strong. Your side is South.“

Er bleibt beim März meines Geburtsjahres stehen und zeigt erfreut auf das kreisrunde Symbol neben meinem Geburtsdatum. „You have been born on super Friday! Take a picture.“ Er hält mir das Buch hin und wir hören gespannt zu. „This symbol means, it was fullmoon that day. Lord Buddha was born on a full moon Friday. So you are very lucky!“ Auch wenn ich nicht allzu viel von esoterischen Zufällen halte, in der selben Konstellation wie Siddartha geboren zu sein, ist ein höchst ehrendes Gefühl. „Your side is North“.

Noch immer rätseln wir, was die Himmelsrichtung wichtig macht. Zuerst begleitet er uns zu der goldenen Stupa. Bereits bei der grossen Shwedagon Pagode war uns aufgefallen, dass es in regelmässigen Abständen kleine Schreine um die Pagoda angebracht waren, wo die Gläubigen Wasser über die Statuen gossen. Diese gibt es auch hier. „This is your Shrine, Sarah, this one is for wednesday born. Your Animal ist the Elephant“. Er zeigt auf die kleine Elephantenstatue am Fusse des Schreins. „Very Strong and Wise Animal.“ Jap, das passt. Er zeigt weiter, dass man die Buddha Statue und den Elephanten 5x mit Wasser übergiessen muss. Dabei ersetzt er zu unserem Erstaunen die Buddhistischen Figuren mit den Biblischen. Einer für Jesus Christ, einer für die Bibel, einer für den Bischof, einer für die Eltern und einer für die Lehrer. Nun wissen wir, für was diese Schreine gut sind. Das haben wir so noch nie gesehen. „Yours is on the other side!“ Er zeigt auf mich und wir gehen genau die Hälfte um die Pagode zum Freitagsschrein „Friday is in the north. Do you see your animal?“ Ich schaue mir das Tier an und muss ein wenig schmunzeln, als er sagt: „Guinnea-Pig!“ Okay, mein Tier ist also ein Meerschweinchen. Aber wenn Lord Buddha auch das Meerschweinchen hatte, dann wird das ja wohl schon passen. Auch ich begiesse die beiden Statuen.

„North and South Direction are very good. Because you are the opposite, you are very strong together.“ Es bestätigt nichts anderes als die Realität. „Like Yin and Yang“ füge ich hinzu. Der Mann erzählt weiter, dass ich mit dem Kopf gegen Norden schlafen muss und Sarah gehen den Süden. Wir stellen uns schon vor in unseren Köpfen, wie wir in Zukunft Kopf an Fuss schlafen müssen. „But dont worry, you dont have to sleep funny! It is important, you sleep on the right“ und zeigt dabei auf mich „and you on the left“ und bewegt seinen Finger zu Sarah. Sarah fällt es schwer zu akzeptieren, dass sie ihre geliebte rechte Seite nun wohl aufgeben muss.

Wir setzen uns neben der Pagode auf den Boden und erhalten einen Crash-Kurs in Burmesischer Sprache. Fein säuberlich schreibt der Mann mit reinen runzligen Fingern in eleganter Schnurschrift Burmesische Worte und das Englische Pendant auf. Die Burmesische Schrift ist eine sehr runde Art zu schreiben. Dies merkt man auch, wenn er das griechische Alphabet schreibt, es ist herrlich rund. Unser Lieblings-Satz ist ab jetzt: „Mach mir einen besseren Preis“ das auf burmesisch lässig „Né Né, Shot Bar!“ heisst. (Höhö Shot Bar)

Es ist langsam Zeit aufzubrechen. Bevor wir uns verabschieden, fragen wir nach seinem Namen. My name is Sawkya, like the day when I was born. Burmese People have always 2 names. One ist he day they are born. Very important.“ Finden Sarah Mittwoch Nadig und Lukas Freitag Marchesi auch. Wir bedanken uns und brechen auf. Wir haben an diesem Tag viel über die Verbundenheit von Religion, Astronomie und Esoterik gelernt in dieser kurzen Zeit als sich ein alter Mann völlig selbstlos Zeit für uns nahm. Dies war ein wunderbarer Moment, der uns in Erinnerung bleiben wird und ist Sinnbild dafür, wie wir Yangon erleben. Wir sind Gäste von Menschen, die sich freuen ihr Erbe mit uns zu teilen.

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Bilder aus Yangon

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