Flusskinder
Zurück aus dem Wald, haben wir unser Zimmer am Ufer eingerichtet. Bukit Lawang gefällt uns und wir werden noch ein paar Tage hier bleiben. Wer wie ich am Fluss geboren ist, der fühlt sich gleich daheim. Ich fühle mich inspiriert und spüre die Erneuerung, die ein Fluss mit sich bringt. Das stete Rauschen der Limmat hat einigen Gästen schlaflose Nächte bereitet und ich konnte nicht schlafen, wenn dieses Geräusch fehlte. Hier schlafen wir sehr gut – auch wegen den angenehmen 27 Grad.
Am Ufer von Bukit Lawang wird gefischt, Wäsche gewaschen, sich selbst gewaschen. Ein Fluss bringt Leben – oder nimmt es sich, wie die kleine Touristengemeinde vor 15 Jahren erfahren musste, als es von einer Flut dem Erdboden gleich gemacht wurde. Daraus hatte man zuerst gelernt, bis vor Kurzem auf der Suche nach dem besten Spot, einige wieder sehr nah ans Wasser bauen. Die beiden Uferseiten sind durch unzählige Brücken verbunden, die wohl mal als Provisorium gebaut wurden und es auch heute noch sind. Trotzdem sind sie die Ader des Dorfes und verbinden die wichtigsten Punkte miteinander. Zudem sorgen sie für den täglichen, kleinen Kick, denn sie schaukeln schon ein wenig und durch die losen Holzplanken sieht man den schäumenden Fluss.
Am Freitag ist Markttag in Bukit Lawang. Dort wo sonst die Bushaltestelle ist, schlagen die Einwohner ihre Stände auf und verkaufen viel frisches Gemüse und Früchte. Es ist eigentlich eine Schande, hier nichts zu kaufen, denn hier findet man alle Zutaten, so dass ich am liebsten gleich den Wok anschmeissen würde – aber wir haben keine Küche. Und auch hier, rennen die Hühner durcheinander auf der Suche nach jedem heruntergefallenen Korn – und davon gibt es reichlich. Weiter wird hier die gesammelten Kautschuckmasse auf Trucks geladen (Bild 2) und in die Fabrik gefahren.
Die wenigen Gäste, die heute ankommen, finden sich sogleich mitten im wilden Treiben. Wer mit dem Bus hier her kommt, der hat meist einen Spiessroutenlauf hinter sich. Auf den Hauptbuslinien zwischen Medan und Bukit Lawang haben sich kleine Gauner-Banden breit gemacht, die in Zusammenarbeit mit den Busfahrern systematisch westliche Touristen ausnehmen. Was normal 20'000 Rupien kosten sollte, ist für Weisse unter 150'000 kaum möglich. Dies schadet der kleinen Gemeinde ungemein, weil so viele Gäste die Reise nicht antreten und bei Gesprächen mit Thomas, spüren wir, dass man hier auch keine Lösung anstrebt. Aber so können Flusskinder sein. Wenn alles Neue an einem vorbei treibt, dann kann man entspannt warten, bis die Lösung angespült wird - Oder nicht. (Infos zu Naturkatastrophen nach den Bildern )
Wir bereiten uns die Tage auf unsere nächste Destination vor. Für uns beide ein Highlight auf das wir uns schon lange freuen. Am 30.9. werden wir spät abends in Tokyo landen. Wir verlassen Indonesien mit einem guten Gefühl, denn wir waren zuletzt doch des Öfteren krank und freuen uns auf einen Ort mit besserer Hygiene. Uns werden aber die wunderbaren, stolzen und coolen Indonesier fehlen, die mit ihrem Lachen direkt dein Herz treffen.
Hinweise:
Tsunami in Sulawesi - Bukit Lawang liegt auf Sumatra und somit genug weit weg, dass wir nichts gemerkt oder gespürt haben. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.
Thyphoon vor Japan - Wir sitzen im Moment im Flieger nach Tokyo und der Pilot warnte bereits vor dem aufziehenden Thyphoon und dass er gerade jetzt Tage auf Japan trifft. Hauptsächlich in der Kensai Region um Osaka, die wir heute durchfliegen werden. Wenn ihr dies lest, hat alles geklappt ^^.
P.S.: es ist erschreckend wie viele Naturkatastrophen sich jedes Jahr in Asien abspielen. Wir spüren es, weil es direkt die Wahl unsere Reiseroute beeinflusst. Wenn man hier ist, dann überfliegt man den Zeitungsartikel nicht einfach – es geht einem nah, man erschrickt: „Da wollten wir ja eigentlich auch hin“, und man sieht direkt, wie die Leute hier Dinge durchmachen müssen, zum Teil jedes Jahr – von denen wir in der Schweiz komplett verschont bleiben. Die grösste wiederkehrende Naturkatastrophe der Schweiz ist nach wie vor die SVP.