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Island

Iceland - Is it worth it?


Es hat sich viel verändert auf der ehemaligen Schafsinsel. Seit die Insel vom schwedischen Wikinger Gardar Svavarsson entdeckt wurde, eines der ersten Parlamente Europas entstand und sich Island von den Dänen unabhängig machte ist einiges passiert. In den letzen Jahren erlebte Island den grössten Boom seiner Geschichte und jeder hat sich schon mal überlegt, soll ich es mir geben? Soll ich Urlaub in Island machen? Ich bin seit Jahren verliebt in das nordische Land und verbinde es mit vielen Erinnerungen. Nach unserer letzten Reise liegt es mir deswegen speziell am Herzen, meine Erfahrungen aus touristischer Sicht aufzuarbeiten und mit euch zu teilen.

Wie entstand der Hype?

Nach dem wirtschaftlichen Crash und der folgenden Regenbogenrevolution ging es Island schlecht. Die Banken waren pleite, folglich die Menschen auch. Entsprechend musste die Regierung etwas unternehmen. Sie setze dabei auf ihren Grössten USP: Einzigartige Schönheit und unvergleichliche Wildnis mit westlichen Standards und gewohnter Sicherheit.

Wenn etwas in den letzten Jahren an Relevanz gewonnen hat im Tourismus, dann die Bildsprache. Ein schönes Bild verkauft eine Destination indem es in den Menschen eine Sehnsucht auslöst, selbst an den Ort des Geschehens zu reisen. Es ist der Spielplatz für Menschen mit Drang zur Selbstverwirklichung und Selbstinszenierung. Island hatte diese Möglichkeit schon immer, hat das Potential nun erkannt und nutzt es aus. Es entstand eine Zusammenarbeit der wichtigen Institutionen wie Tourismusverband, Airlines, Banken, Tourismusdienstleister und Agenturen, die eine Marketing-Offensive ins Rollen brachten. Die Botschaft: "A Once-In-A-Lifetime-Experience". Daraus entstand ein Hype, der so gross ist, dass es wohl sogar die eiskalten Isländer überrascht hat.

Anstieg der Gästezahl und dessen Auswirkung

2010 überschritten die Besucherzahlen nicht zum ersten Mal die Einwohnerzahl des Inselstaates im Nordatlantik.

Im Jahre 2016 wurden dann bereits 1.8 Millionen Gäste gezählt und 2018 wird erneut ein Anstieg von 25-35% erwartet. Zudem ist überraschend, wie stark die Wintersaison gewachsen ist. Dies hat einen Grund: Polarlichter. Obwohl die Natur im Sommer visuell schöner und das Klima angenehmer ist.

Dieser enorme Anstieg hat natürlich seine Schattenseiten. Als ich zum ersten Mal Fuss auf das Land aus Feuer und Eis setzte, fand ich ein einsames Land vor. Kilometerweite Freiheit ohne einen einzigen Menschen, sobald man die Hauptstadt verliess. Wie ein Forscher fühlte ich mich, ein Gefühl dass ohne Verbote oder Wegweiser daher kam. Die perfekte Grundlage meine eigene Geschichte zu schreiben und so weit wie möglich dem Alltag zu entfliehen. Doch es hat sich verändert.

Ein Land hat sich verändert.

An welchen Beispielen zeigen sich diese Veränderungen? Es beginnt in Reykjavik. Wo früher 30 Jahre lang die gleichen Läden ihre Türen öffneten, buhlen nun unzählige Souvernirshops um Kunden. Es fährt einer dieser roten Sightseeing-Busse auf mehreren Linien durch die Stadt. Die Restaurants werden nobler, die Budget-Optionen verschwinden aus der Innenstadt und dort, wo einst die Isländer wohnten, sind nun AirBnB’s, Guesthouses, Hotels. Und wo sind die Isländer? In 101 Reykjavik jedenfalls nur noch selten, denn das gehört komplett den Touristen.

Auf der Ringstrasse ausserhalb Reykjaviks gab es bislang kaum Verkehr, denn zwei Drittel der Bewohner leben in der Hauptstadt. Heute sind dort hauptsächlich Touristen in ihren Mietwagen unterwegs. Diese fahren dann die Sehenswürdigkeiten ab, wo sie in so grossen Massen aufschlagen, dass dort, wo früher ein Kiesbett oder gar kein Parkplatz gewesen war, nun voll ausgebaute Parkplätze mit Parkuhr stehen, Wifi angeboten wird und Restaurants und Hotels aus dem Boden gestampft wurden. Wo man früher noch den Wasserfall spüren konnte, stehen heute aus Holz gebaute Wege. Ketten-Abschrankungen halten den fotowütigen Gast vom Erforschen ab. Grosse Schilder warnen einen vor Selfie-Unfällen. Dies klingt schrecklich, ist aber die einzige Möglichkeit, damit die vielen Menschen besonders im Winter die fragile Natur oder sich selbst nicht weiter schädigen. In Island kann es sein, dass eine weggeworfene Flasche dort aufgrund der Abgeschiedenheit 1000 Jahre liegen bleibt. Wenn das 1000 Leute machen, dann werden 1000 Flaschen nie aufgehoben. Die Konsequenz: Diese Einschränkungen und Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen. Manche Sehenswürdigkeiten mussten ganz gesperrt werden.

Das Island Tourismus kann, spürt man. Der Impact auf die Bevölkerung und die Natur ist einem bewusst und der Spagat zwischen schnellem Touristendollar und Nachhaltigkeit ist (noch) vorhanden.

Preisvergleiche

Die verschiedenen Tourismusdienstleister Islands arbeiten gut vernetzt zusammen. Die Airlines machen günstige Preise, damit die Leute ins Land kommen und ihr Geld hier ausgeben und werden dafür vom Staat subventioniert. Es ist ein supervernetztes Meisterwerk, das nach einem der simpelsten Regeln der Wirtschaft spielt - Angebot und Nachfrage.

Blue Lagoon

Das beste Beispiel für diese Strategie ist die Blue Lagoon, das wohl schönste Thermalbad der Welt. Es ist schlichtweg einmalig auf der Welt und das weiss die Welt nun auch. Jeder, der nach Island kommt, möchte sich den Traum eines Bades im gesunden Wasser erfüllen. Das Bad hat trotz Ausbau nur limitiertes Fassungsvermögen und die Tickets mussten limitiert werden. Dank der hohen Nachfrage konnte somit der Preis regelmässig erneut erhöht werden.

Zum ersten Mal war ich im Jahre 2003 im Bad und hatte eine wunderbare Zeit. Damals bezahlte ich umgerechnet gut 15-20 CHF. Seit 2015 sind die Preise jedoch explodiert und mittels Yield-Management noch variabler gestaltet, die Preise also je nach Tageszeit und Verfügbarkeit variiert. Maximal werden so im 2018 für mehr oder weniger das gleiche Produkt 120 CHF fällig.

Hotels

Mein persönliches Lieblings-Hostel KEX hatte 2010 Bettpreise von 17 CHF im 12er-Dorm. Diese sind inzwischen auf 55 CHF pro Bett und Nacht gestiegen. Jeder möchte Downtown 101 nächtigen - im traditionellen, alten Teil der Stadt. Dies hat zur Folge, dass auch dort die Preise hochgehen und viele Hausbesitzer verkauft haben und nun ein modernes Haus ohne jeglichen Charme grüsst. Es gibt sie noch, die günstigen Unterkünfte. 30 CHF muss man fürs Bett in die Hand nehmen und sich mit einer Bleibe ausserhalb begnügen. Oder 6-7 Monate im Voraus buchen. Im Preissegment von 200-300 CHF pro Doppelzimmer liegt die Mitte und es lässt sich auch in der Hauptsaison etwas finden. Luxushotels spriessen aus dem Boden. Ausserhalb der Stadt bauen die grossen Ketten wie Hilton ihre Klötze hin, während die isländische Institution Vosshotel (Geheimtipp) geschmackvoll 5-Sterne Häuser in die Landschaft integriert, so dass sie von Weitem kaum zu erkennen sind. Auch hier ist Recherche wichtig.

Anders ist es ausserhalb der Hauptstadt. Dort sind Zimmer Mangelware und die Preise entsprechen oft nicht mehr der Leistung. Auch hier gilt, spontanes Auftauchen ist nur selten noch möglich. Dies geht nur noch auf Campingplätzen, knapp.

Ja, Island ist teuer. Dies zieht sich bei Ausflügen so weiter, wo man schnell mal für eine sechsstündige Gletschertour 300 CHF hinzublättern hat. Dies schliesst viele Menschen, auch Isländer, von coolen Aktivitäten aus.

Das Problem mit der Zielgruppe

Wer wie die Schweiz Werbung in der Oberschicht des Nahen und fernen Ostens macht, der macht eigentlich nichts Falsch. Dort sitzt das Geld locker und es ist pro Gast mehr Umsatz zu erzielen als bei anderen Kulturen. Das kommt mit neuen Herausforderungen. Diesen Menschen fehlt es oft an Erfahrung und sie verfügen meist nicht über die Weitsicht, die es für das Bereisen solcher Länder braucht. Oft fehlt es am Verständnis für die Unberechenbarkeit der Natur. Sie sind sich oft nicht gewohnt, über Stock und Stein zu laufen, weil sie dies in ihrem Kulturraum nicht müssen, weshalb sie ihren Körper und dessen Grenzen nicht kennen. Diesen Menschen ist so eine Umgebung oftmals neu und entsprechend absolut gefährlich. Chinesen werden oft von Wellen mitgerissen weil sie diese unterschätzen beim Fotografieren und arabische Gäste stürzen tendenziell mehr von vermeintlich harmlosen Felshängen. Diese Aussage basiert auf den Unfallstatistiken der letzten Jahre. Vor diesen Gefahren muss man als Gastgeber schützen. Wer jedoch in Sicherheit investiert, mindert die Attraktivität der Sehenswürdigkeit.

Chancen und Gefahren für die Zukunft

Island hat die einmalige Chance sich eine nutzbare Infrastruktur aufzubauen, die über den Hype hinaus nutzbar bleibt, wobei im Gegenzug die Möglichkeit besteht, dass nach dem Rückgang diese nicht mehr genutzt werden kann und Island ein zweites Sotschi wird. Somit ist es wichtig eine nachhaltige Einkommensquelle zu schaffen, die der Bevölkerung Perspektiven gibt und die Abwanderung verringert. Es muss aufgepasst werden, dass die neuen Devisen nicht zu einer zu grossen Teuerung im Lande führen, was die Bevölkerung frustrieren kann, bis zu dem Punkt, in dem die Touristen nicht mehr als Segen angesehen werden. Dabei kann in der Menschheit die Wichtigkeit des Naturschutzes näher gebracht werden, wie zum Beispiel dem Gast vor Augen zu halten, dass wenn viele Menschen hier sind, es einen Holzpfad braucht, damit der Boden nicht zerstört wird. Andererseits kann dies zu einem schlechteren Erlebnis führen, weil es dann den Erwartungen nicht mehr gerecht wird.

Meine Vermutung lautet, dass die Strategie Islands vorsieht die Cash-Cow auszukosten und wenn die breite Masse das „Once in a Lifetime“ erlebt hat, sich auf das Hochpreis-Klientel fokussiert, welches wegen höheren Margen mehr Geld pro Gast generiert. Dies schliesst jedoch die Budget-Reisenden aus. Diese finden jedoch immer einen Weg, wie die Vergangenheit an Beispielen wie Japan oder USA bewiesen hat. Island hat eine einmalige Chance sich die Position in der Welt zu erarbeiten, die es verdient hat, seine Kultur zu bewahren und die Gegenwart spannend zu gestalten - und das machen sie wie Weltmeister.

Soll ich nach Island reisen?

Mann muss für sich selber wissen ob einem das Geld für eine Islandreise wert ist oder nicht. Meine persönliche Schmerzgrenze ist erreicht und ich finde Preis-Leistung stimmt nicht mehr. Somit verlasse/verliere ich meine einstige Oase. Ich gönne es jedem Isländer aber gebe meine Heilquelle nicht gerne her, die ich mit so vielen schönen Erinnerungen verbinde. Fakt ist aber, es ist nicht mehr das Gleiche wie damals. Es liegt aber auch an mir dies zu akzeptieren und weiterzuziehen. Für jemanden, der noch nie da war, hat sich auch nichts verändert. Man muss sich nur überlegen, ob es einem den Preis wert ist.

Island ist eines der schönsten Länder der Erde und wer es sich leisten kann und sich bewusst ist, dass er nicht alleine so denkt, dann ist das okay. Diejenigen die Einsamkeit suchen, die beglücken bis zum Nachlassen des Hypes lieber die Färöer Inseln oder Grönland. Die Nächsten 5 Jahre wird man dort glücklicher.

Zum Beweis, dass Island wirklich sauschön ist, hier der link zu allen meinen Island-Galerien

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