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Thorshavn

Kunstvolle Umwege


Der nette Junge von der Touristeninformation empfahl uns den Wanderweg über den Berg etwas ausserhalb von Thorshavn. Es sei eine kurze, einfache Wanderung mit überragender Aussicht auf die Umliegenden Fjords. Ja, wäre es gewesen. Wir wir aber nun mal sind, liessen wir es uns nicht nehmen, auch hier auf den Färöeren nach Geocaches zu suchen und gleich da drüben, nur 1.8 km von hier, da war doch einer. Also verlassen wir den sicheren Pfad und klettern vorbei an unzähligen, wuscheligen Schafen, hinweg über Fels und Stein, Bächen und Gräsern. Hach, was für eine Welt hier.

Stéphs GPS zeigte den Schatz auch näher kommen. Wir brachten es dann auch souverän fertig im Kreis um den geschätzten Standpunkt herumzulaufen. Was als kleiner Umweg geplant war, brachte uns Meister-Navigatoren souverän rüber zum gegenüberliegenden Hang, weit weg von unserem urpsrünglichen Ziel. Da standen wir nun bei dem nach harter Suche gefundenen Geocache und realisierten, was wir uns gerade eingebrockt hatten.

Links liegt das verführerisch warme Thorshavn, wo unsere Wohnung (ich kanns immer noch nicht glauben, dass wir eine Wohnung in Thorshavn haben) und Essen lockt oder rechts die Strasse entlang, weit hinauf zu unserem urpsrünglichen Ziel. Hmmm Faulheit oder Abenteuer? Wir entscheiden uns dafür, unseren Schönheitsjoker zu ziehen und stellen uns an den Strassenrand - Daumen nach oben.

Und tatsächlich der erste Wagen hielt an und der freundliche Bauer nahm uns mit. In seinem weissen Van ging es hinein ins Fjord und zum ersten Mal bekamen wir einen Eindruck von der Mächtigkeit der Berge hier. Draussen im Meer lag die Nachbarinsel auf der ein grosser, schräg abfallender Hügel trohnt. So in etwa das typische Bild, dass man von den Färören im Kopf hat. Dazu sind nun praktisch alle Häuser im klassischen Stil, skandinavisch mit Torfdach. Hier müssen sie also nicht nur die Wiesen mähen, sondern auch die Dächer. Lustig, diese Färinger =)

Der Bauer erzählt, zeigt mit dem Finger auf ein Haus und sagt: "Da wohnt der berühmteste Künstler des Archipels!" Durch aufwändiges Studium der Boardzeitschrift im Flugzeug wissen wir, dass es sich dabei nur um Trondur Patusson handeln kann, der eben im Kennedy Center in Washington DC mit seiner Installation von Glasvögeln die Frage "What is Nordic?" stilvoll, denken wir, beantwortet hatte.

Wir springen aus dem Auto, bedanken uns herzlich. Es musste ja so kommen, dass auch hier sich wieder ein Kreis schliesst. Beim Näherkommen entdecken wir die uns bekannten Glasvögel. Sind die Färören echt so klein? Leider war Trondur nicht zu Hause. Er arbeitet jetzt in einem Studio in der Stadt. Aber seine Frau, eine Modedesignerin, führte uns kurz durch das Haus und sein Atélier. Wow, wir kriegen hier echt alles geboten. Mittendrin statt nur dabei :D

Mit dem Gratis Stadt-Bus, ausgestattet mit W-LAN, ging es dann der Küste entlang zurück nach Hause. Gerädert von unserem unfreiwillig langem Hike gönnten wir uns ein herrliches, selbstgekochtes Z'nacht, wo wir weiter drüber diskutieren, wie zum Teufel wir es immer anstellen, dass uns alles in die Hände fällt. Liegt es am Ort, an den Menschen oder liegt es an uns? Wahrscheinlich eine gesunde Mischung von Beidem. Auf jeden Fall sind wir von diesem Mikrokosmos hier beeindruckt und finden nicht nur die Schafe kuschlig, sondern auch das kleine Fussballstadion vor unserem Haus, wo der FC HB Thorshavn fleissig für die nächste Meisterschaft trainiert und im September die Nationalelf Deutschlands sich an der Verteidigung der Fähringer die Zähne aus beissen wird.

Weil wir heute genug gelaufen sind, werden wir uns für morgen ein Auto mieten. Wir überlegen uns schon Namen. Es wird schwierig, so kurz nach der Trennung von Hildi ein neues Fahrzeug in unserer Gegenwart zu akzeptieren. Tja, das Leben ist kein Schäfchenhof hier in Thorshavn.

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