101 Reykjavik
Es war schon etwas aussergewöhnlich. Meine Lust zu schreiben hielt sich die letzten Tage sowas von in Grenzen. Das lag einerseits daran, dass für mich Reykjavik in diesem Sinne kein Abenteuer mehr ist und mir die Worte fehlen. Aber auch, dass ich hier angekommen bin. Woran man das spürt? Ich glaube dass ist bei jedem Menschen anders. Bei mir ist es definitiv dieses wohlige Gefühl, dass ich am Morgen im Bauch habe, das mich dazu veranlasst, mich nochmals umzudrehen und weiter zu schlafen. Zudem kenne ich die Gassen der Stadt inzwischen wie meine Westentasche und erkenne auch die Strassen wieder. Das ist bei all den Komischen Namen nicht so einfach. Ab und an nehme ich einige Neuankömmlinge mit, die mich dann quasi bei meinen Plänen begleiten ohne es zu merken ^^. Gute Menschen waren dabei wie die Sanja und die Luisa. Besonders gut tut mir der Jan. Der erste Langzeitreisende, den ich seit langem getroffen habe. Wir sind uns einig, dass es einfach ein anderes Gefühl, ein anderes Grundverständnis. Nichts gegen die anderen, aber Jan versteht mich und ich verstehe ihn auf einer ganz anderen Ebene. Zusammen verkleiden wir uns, suchen den Beweis, dass isländische Telephonbücher tatsächlich nach Vornahmen geordnet sind, schauen uns Silberschmuck an, hören Musik, finden heraus, dass die Whalewatching Boote gleich neben den Whale Killer Booten parken, das es viele Statuen gibt, das Kex zu unserem Wohnzimmer geworden ist, die Hailgrimskirkja die schönste Kirche auf dem Planeten ist und das Asa eine unglaublich gute Frau ist. Es gibt ja das Gerücht, dass die Isländer die schönsten Menschen Europas sind. Jeder trägt Vintage, hat aussergewöhnliche Frisuren und starke Charaktergesichter. Vieles dasvon werde ich nie erreichen. Aber ein schönes Hemd und eine Lederjacke konnte ich nicht im Regal hängen lassen, sie sahen einfach zu gut aus. Diese schönen Menschen, zu denen ich nun auch wieder zählen, ziehen Nachts durch die Strassen. Die Kaffibarin ist der Place to be am Donnerstag und Freitag. 35 km2. Zu voll dass du nicht tanzen musst und zu laut, als dass du sprechen musst. Das Bier ist teuer. Wenn man aber das Nachtessen auslässt, geht das schon. So machen wirs und tanzen mit den Wikingern bis die Gläser fliegen. Der Weg heim führt der Küste entlang. Vorbei an der Harpa, den kleinen Weg den schwarzen Steinen folgend. Der Wind bläst einem durch die Poren, beisst einem ins Gesicht und so oft du auch den Stinkefinger hebst, er hört nicht auf in die Richtung zu pusten, in die du nicht gehen willst. Ja, auch das ist Reykjavik. Ab heute gibt es jeden Tag ein Musikvideo mit Isändischer Musik. Den Anfang macht Retro Stefson, der mit seinem neuen Album die Stimmung der urbanen Szene ziemlich gut trifft.