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Reykjavik - Thorshavn (Färöer Inseln)

Die Helden des Tages werfen Eier


Kennt ihr das Gefühl, wenn man an einem Tag viel zu erledigen hat, jedoch am morgen so verknotet aus dem Bett fällt, dass man erstens dem Tag den Mittelfinger ins Gesicht streckt und zweitens die Luft, die man atmet so einen grossen Wiederstand aufweist, dass man sich dagegen lehnt und einfach nicht will?

Es ist von keinem Vorteil, wenn man an diesem Tag eine Karre zurückbringen muss, dabei logistisch denken sollte, damit man nicht das Gepäck dreimal durch die ganze Stadt trägt und dann noch in ein neues Land reist, sich von einer alten Liebe, Hildi, verabschiedet, fliegt, dann im gelobten Land noch kein Platz zum Schlafen hat und es schon daran scheitert, wie man vom Flughafen in die Stadt kommt, weil dieser auf einer anderen INSEL liegt.

Der Tag stand unter einem schlechten Stern. Doch er sollte spektakulär werden.

Etwas muffig begannen wir im leicht schwebenden Zustand mal Richtung Flughafen zu fahren, wo wir einchecken wollten um unser Gepäck los zu werden. Das ging dann natürlich nicht, weil es die Logistik nicht verkraftet, wenn man mehr wie eine Stunde vor Abflug kommt. Wir schauen uns um und finden Schliessfächer. Doch diese sind Schweineteuer. Stéph hatte ihren schon eingeschlossen und ich fluche noch rum, als von hinten ein junger Mann kommt, der fragt ob wir denn Probleme mit den Lockers hätten. Wohl hatte er auf meine Schnute reagiert. Natürlich war er der Schliessfachmeister und war gerade völlig dabei, es allem und jedem recht zu machen. Er half mir meine Sachen einzuschliessen (in den kleinen Locker) und berechnete mir einen fairen Preis. Damit kann ich leben.

Anschliessend gaben wir die Karre ab und das Problem, wie wir zurück in die Stadt kommen, weil Ich die Hälfte meines Gepäcks noch im Kex hatte (man sollte nicht übermüdet morgen früh aus nem Hostel abreisen) löste sich auch gleich, weil unsere Rentalfirma einen kostenlosen Shuttleservice in die Stadt anbot. Das ist freundlich! Auch damit hatten wir nicht gerechnet. Zurück ging es dann aber zu Fuss. Ja! Zu Fuss. In welchem Land der Welt kann man an den Flughafen laufen? Island, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Wir begreifen noch gar nicht wirklich, dass wir jetzt auf die Färörinseln fliegen. Wir freuten uns viel mehr, dass wir jetzt gut 2 Stunden ruhig sitzen und die Augen schliessen können. Als ich aus meinem Döszustand aufwachte, hatte Stéph mit begonnen mit dem Mann neben uns zu sprechen. Ich komme gerade rechtzeitig auf die Frage: "Wo schlaft ihr denn"? und zusammen antworten wir: "We dont know yet!" Zum Glück waren wir an Sweinur geraten. Jawoll, er heisst wirklich so :D Und wir konnten es nicht glauben, wie uns gerade passierte. Sweinur bot uns eine Unbewohnte aber voll möblierte Wohnung in der Mitte von Thorshavn an. Fragte nicht wie lange, fragte nicht wie viel. Er hat sie uns einfach geschenkt, ohne etwas dafür zu wollen.

Wir sollten ihn in der Stadt treffen. Das fanden wir für gut.

Mit dem Bus ging es dann in die kleinste Hauptstadt der Welt, Thorshavn. Schon nach wenigen Minuten Fahrt wird einem klar, dass hier ist anders. Die Wiesen sind kräftig und legen sich über die Rauen, vom Wind geplagten Berge. Die Färoer Inseln sind nur etwa 100 Km lang und nirgendwo ist es weiter wie 5 Km zum Meer. Trotzdem hat es genügend Platz für unglaublich viele Schafe, die mit ihrerm wilden Fell definitiv die Punks unter den Färingern sind. Die Menschen sehen mehrheitlich gut aus, aber lange nicht so stylisch wie die Isländer, viel mehr Basic. Das liegt auch am isolierten Leben. Sweinur meint, dass sich hier im Vergleich zum Nachbarn die Traditionen mehr bewahrt hat. "The iclandic are like New Yorkers and we're like the Amish". Da hat Sweinur nicht unrecht, finden wir schmuzelnd.

In Thorshavn eingetroffen, erblicken wir auf einer Wiese auf einem alten Fort ganz viele Menschen, die lachen und herumtrollen. Wir sehen, dass die sich irgend etwas zuwerfen... Hey, das sind ja Eier! Das muss wohl ein Brauch sein hier Oben. Christian, ein Ur-Färinger erklärt uns, dass es sich dabei um eine Ostertradition handelt. Während wir die Eier verstecken um sie danach zu suchen und essen, bemalen sie die Färinger genauso Bunt wie wir das tun. Schmeissen sie dann aber so rum, dass es nichts mehr zu essen gibt. Passt mir sehr, dann ich mag keine Eier.

Wir können unser Glück kaum fassen. Als wir nach dem Weg zu Sweinurs Adresse fragten, kriegten wir erst eine Wegbeschreibung. Nachdem wir uns abgewendet haben, ruft uns die Wahlfähringerin zurück, es sei doch etwas zu weit zu fuss, sie fahre uns gleich dahin. Sweinur kuckt etwas erstaunt, als die zwei Touristen aus dem Auto mit Ferörer Kennzeichen stürcheln. Er übergibt uns die Wohnung und reagiert schon beinahe angegriffen auf unsere Frage nach dem Preis. Hier wird nicht diskutiert, sondern zum Nachtessen eingeladen. Schlüssel fürs Haus gibts keinen, braucht es auch nicht. Es gibt beinahe keine Kriminalität auf den Schafsinseln.

Wir wissen noch immer nicht recht, wie uns gerade geschieht. Stéph meint, das sei das Team, das wir bilden. Wenn du unterwegs bist zu zweit, wirst du immer als Eines wahrgenommen. Dein Gegenüber schaut dich an, schaut dir in die Augen und entscheidet sich. Sweinur hat das gemacht und uns seine Wohnung überlassen. Unsere erste eigene Wohnung in Thorshavn. Wahnsinn!

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