Snoop Dogg
Das kleine Hostel mit dem tollen Innenhöfli und den Liegestüeli lädt zum geniessen ein. Nachdem uns die Internetrecherche sagte, dass dies hier in Sucre völlig okay ist, war es auch für uns völlig genügend. Während Frida sich die goldene Bräune zulegt, striehlte ich durch die Stadt.
Während man bei uns die Hunde an der Leine führt oder in die Schule schickt, striehlen sie hier herrchenlos durch die Strassen und frönen ihrem Hundeleben. Die verschiedensten Exemplare laufen einem über den Weg. Zum Beispiel einen Schwanz. Warum braucht man denn einen Schwanz. Höchstens um die vielen Parasiten zu verjagen, die sich auf einem ein Heim suchen oder um zu wedeln. Scheint hier überbewertet. Auch der kleine Pudel... Moment, ist das wirklich ein Pudel? Die Schnauze sieht eher aus, wie die von einem Schnauzer und auch die Wampe. Wo sind denn deine Eltern, Kleiner? Der Vater zurück in Deutschland und die Mutter im reichen Herrenhaus? Die Hunde hier sind echt etwas für sich.
Ausser einer. Als mich seine Augen treffen, bleibe ich wie eingefroren stehen. Als hätte mich eben das funkeln wie ein Blitz an die stelle gebrannt, wo ich jetzt stehe. Sein Fell war mal weiss und struppig, jetzt trägt er die Farbe der Strasse. Aber diese Augen, diese Weissen, Augen, wie sie mich ansehen. Irgendwo unter all dem Dreck und der Fliegen steckt der stolze Wolf, der er mal war. Jetzt ist da nur ein gebrochenes Tier, dass mir tief in die Augen blickt.
In meinen Gedanken sehe ich ihn als Welpe um seine Mutter tollend. Die ersten Versuche im tiefen, kalten Schnee zu gehen. Ich sehe wie seine Brüder und Schwestern später die Menschen auf ihren Schlitten im Gestöber durch den Schnee ziehen. Die unbändige Lust zu rennen, mit genau diesem strahlen in den Augen. Diesem fokussierten, animalischen Instinkt. Vorwärts. Bis er von einer Dicken Frau gekauft wurde, hier her gebracht hat, die ihn dann nicht mehr wollte, weil er ihr zu anstrengend und zu wenig kuschelnd war.
Warum ich? Da laufen viele Menschen rum, auch Touristen. Viele davon mit Tüten voller Fleisch in den Händen. Warum schaust du mich an? Ich kann dich nicht mitnehmen. Gut lassen kann ich dich hier auch nicht. Wenn ich auf dieser Reise etwas erreicht habe, dann das überstehen meiner Angst vor Hunde. Geheuer sind sie mir doch noch nicht ganz. Vor allem keine wilden Huskys, mehr Wolf als Hund, der den Mond anhrulen sollte und nicht mich. Es dauert einen Moment, bis ich mich lösen kann. Ich betrete den Markt und mache meine Besorgungen für das BBQ heute Abend. Wir haben einige Australier im Hostel und wo Australier sind gibts immer BBQ.
Das erste was Frida sagt, war nicht etwa wie sie es normal tun würde, etwas wie:"hej Lukas, how are you?" oder "Had a nice day?". Sie stützte sich auf meine Schulter um darüber hinwegsehend zu sagen: "Wo hast du denn den her?" Ich kann's nicht glauben. Er war mir doch tatsächlich gefolgt und hat sich hinter meinem Rücken ins Hostel geschlichen. Ich erzähle ihr die Geschichte und wir beschliessen, etwas zu tun. Es dauert keine 10 Minunten, hat Snoop seine Portion verdrückt und wir befanden uns bereits auf dem Weg zum Tierarzt. Dieser schaut etwas skeptisch drein. Was soll er denn mit dieser Strassentöle? Ich machte ihm ziemlich ausdrücklich klar, was ich wollte und drückte ihm genügend Geld dafür in die Hand.
Snoop genoss seine Rundumerneuerung. Er erhielt zuerst mal ein Bad, dass er sichtlich genoss und dann einige Impfungen, die er weniger mochte, jedoch tapfer ertrug. Solange wir uns in die Augen schauten, war alles gut. Da war es wieder. Der Husky, Stolz und voller Tatendrang. Er kläffte vor Freude und rannte um die Ecke um nicht mehr aufzutauchen.
Frida und ich genossen unseren letzten Abend. Trotzdem schwirrte uns diese Begegnung dauernd durch den Kopf und war auch Thema in den Rum-Cola Gesprächen mit all den Spanischstudenten mit am Tisch. Etwas bedrückt ging ich zu Bett. Mir war klar, etwas gutes getan zu haben. Aber ich hätte ihn eh nicht mitnehmen können. Gerne hätte ich einen Reisehund gehabt um ehrlich zu sein, aber nicht jetzt, wo ich 17 Stunden Bus fahre um dann 17 Stunden an Flughäfen zu verbringen. Grenzüberschritte, Das geht nicht.
Es ist mitten in der Nacht und ich komme grad von Toilette, rücke Fridas Leintuch zurecht, die sich abgedeckt hat in ihrem wilden Traum. Vielleicht ist sie ein Husky und rennt durch die Arktis, wer weiss, aber ein Fell hat sie nicht, dass sie gegen die nächtliche Kälte schützt. Und Gott Frida, du bist nicht allein im Dorm, zieh dir bitte etwas an. Noch in Gedanken höre ich etwas an der Tür. Ich glaube es nicht. Da hat sich doch der Köter irgendwie Nächtlichen Zugang verschafft und liegt nun vor unserer Tür. Doch nicht nur das. An ihn geschmiegt liegt ein weiteres Tier. Wir trauen unseren Augen kaum. Snoop ist gar kein Männchen. Snoop ist Mutter. Von einem bezaubernden Welpen, genauso wie ich es heute schon in Gedanken vor mir gesehen habe. Wir holen sofort Wasser und etwas von den Resten des BBQ's für die beiden.
Die Nacht ist bereits nicht mehr die Jüngste und wir beschliessen morgen zu entscheiden, was wir weiter unternehmen werden.Viel Zeit bleibt uns jedoch nicht, denn Frida fliegt um Zwei und ich habe meinen Bus um vier. Doch dass sehen wir wenn die Sonne aufgeht. Auf jeden Fall kuschelte Frida mit Dogg, wie wir den kleinen Racker nannten und Snoop schlief zu meinen Füssen zufrieden ein. Ich überlege die ganze Nacht, was diese Begegnung zu bedeuten hat. Denn sie ist ein Zeichen. Definitiv.