Colca Canyon Tag 2 - Urschrei
Heute wind wir früh los. Um 6 Aufgestanden und um 7 auf der Piste. Wir hatten nicht viel Wasser und wollten die Sonne meiden. Bye Bye San Galle. Doch bereits nach den ersten Metern stellen wir fest... uff, das geht ziemlich steil den Berg hoch - und das ziemlich lange. Zick-Zack 1200 Höhenmeter. Da meldet sich auch bereits mein rechtes Knie. Und bereits schleppe ich es wieder hinter her, weil belasten einfach nicht geht. Ich schmeisse zwei Voltarenkapseln ein und eine grosse Portion Koka-Blätter hinterher. Nach ca 30 Minuten war der Schmerz erträglich geworden - dafür schwamm alles vor mir hin, auch nicht gerade schön, wenn es rechts von dir 300 Meter ins Tal geht.
Dabei war die Nacht schon sehr speziel. Auf einmal fuhr es mir durch Mark und Bein. Sofort schnappe ich mir die Taschenlampe und schaue zur Elo, die soeben einen Urschrei ausgestossen hatten. Seit der Ziegenopferungen in Nepal hab ich nicht mehr so einen Schrei gehört. Wenn man meint, dass man stirbt, dann stösst jedes Lebewesen den sogenannten Todesschrei oder eben Urschrei aus. Das war einer. Ein Käfer war ihr übers Gesicht gelaufen. ^^ Danach Packte sie sich bis auf die Nase in ihre Regenjacke.
Was sind wir auch naiv zu denken, dass wir nach dem gestrigen Tag diesen Anstieg mit fast ohne Wasser schaffen? Aber 10 Soles (das 10-Fache des Normalen Preises) für eine Flasche Wasser zu bezahlen kommt uns nicht in den Sinn. Da unterstützen wir Viva von Agua, kostenloses Wasser für die Armen dieser Welt als Grundrecht und genau hier wird uns genau dieses Wasser für 10 Soles zurück verkauft. Ich erwarte ja auch kein Dankeschön. Dass man das nicht erwarten kann auf dieser Welt, habe ich auf meiner Reise inzwischen gelernt.
Wir motivieren uns, in dem wir uns kleine Ziele setzen. Noch um diese Kurve, und diese auch noch, bis in den Schatten. Ich wollte schnell vorwärts kommen um der Mittagssonne auszuweichen, die uns jeglichen Schatten nehmen würde. Da treffen wir erneut auf die Holländer von gestern Abend. Im vergleich zu uns Invaliden, rennen die quasi den Berg hoch, lassen sich jedoch erweichen, etwas von ihrem Wasser in meine Flasche zu kippen. Das reicht wieder ein Stückchen ohne Condorfrass zu werden - gut die sind ja eh am Strand.
Doch dann passierte erstaunliches. Elo zauberte aus ihrem Rucksack 2 Hanutas hervor. Herrlich, wie gut ein Hanuta sein kann. Der Geschmack des Essens verändert sich immer den Umständen entsprechend. Red Bull und Zweifel Chips schmecken zum Beispiel Draussen viel Besser wie in der Stube. Dies war der ultimative Hanuta-Moment, ich werde sofort der Facebook Gruppe beitreten. Nach diesem Zuckerschub kriegten wir die zweite Lunge, mit deren Hilfe wir den Gipfel des Berges erreichten. Kurz darauf erblickten wir Cabanaconde.
Was waren wir froh, als wir zurück im Hostel waren und unsere Suppen verdrückten. Ein Gefühl von Neu Gebohren kam auf. Unsere Freude an der Rückkehr lebten wir gleich im Kappen- und Puloverladen auf der anderen Strassenseite aus und kauften ganz viel Alpaca. Wie flauschig und warm! Und lecker - es schwimmt nämlich auch in meiner Suppe.
Heute noch fahren wir zurück nach Arequipa und versuchen einen Nachtbus nach Cusco zu erwischen. Das wird alles zusammen etwa 24 Stunden dauern. Gut für unsere geschundenen Knochen. Den Canyon haben wir gemeistert - aber zuw welchem Preis?