Paragliden Tag 6 - Auf und Ab.
Morgens
Woa, nun steh ich wieder aufm Hügel, Glider umgeschnallt und Russel wartet auf mich im Tal. Nachdem wir nun echt genug auf dem Boden geübt haben, geht es darum die Landung zu verbessern. Mein erster Flug heute war eigentlich ganz okay, es war beinahe Windstill und ich konnte ohne grössere Probleme meine Figuren ziehen. Jedoch merklich mit weniger höhe, so dass die Landung schon bald kam.
Wie aufm Reissbrett geübt, mache ich eine 8 und stelle fest, dass ich schon ziemlich tief bin. Ich muss meine Kurve abbrechen und direkt auf die Landebahn losziehen. Ich komme etwas schnell, lehne mich aus dem sitz und versuche zu bremsen, in dem ich die Leinen nach unten ziehe. Doch wie so überall habe ich das Gefühl etwas kaputt zu machen und so reisse ich die leinen erstens zu spät und zweitens zu wenig... so komme ich mit einem hohen Tempo an und lande mal wieder auf der Fresse im hohen Grass, zugedeckt von meinem Gleiter der genau auf mir landete.
Na gut, ab nach oben und noch mal probieren. Dieses mal war merklich mehr Wind und ich wurde ziemlich hin und her geblasen. Diesmal kam ich sogar noch schnelle runter und schaffte es immerhin nicht auf die Fresse zu fliegen, sondern zog die Leinen einigermassen okay, lehnte mich aber zu wenig nach vorne und landete auf dem Füdli. Es war eine weiche Landung, aber Russels Ausruf "What are you doing" verhiess nichts gutes. Ich soll das als verkackte Landung loggen.
Zu viel Rückenwind. Ist das Ironisch?
Beim Dritten versuch war dann zu viel Wind und ich spürte, dass ich nicht starten sollte. Ich brach den Start ab und blickte rüber zur Windfahne. Grün heisst gut, Gelb heisst etwas wind, Orange heisst nur Profis bitte und WIlfredo war gerade dabei die Flagge zu wechseln. Gut hab ich das gemerkt und meine Flugzeit für diesen Morgen beendet. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich vor der Landung sehr grossen Respekt habe inzwischen und so kommt mir diese Denkpause gelegen.
Mittags Na super, jemand hat meine Spaghetti gegessen, mein Brot ist auch weg und wo zum Teufel ist mein letztes Red Bull? Das darf doch nicht wahr sein, was ess ich jetzt? Rohe Zwiebel? Da war wohl der aus WG's bekannte Kühlschrankkobold am Werk. *Grrr*
Es brodelt schon lange in mir. Meine Zeit in Zentralamerika und Südamerika verläuft nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich fühle mich oft, sehr oft alleine und stürze mich ins Internet und suche verzweifelt nach Kontakten und nach einer Lösung. Mein Blog ist nur noch schluderig und ich verspüre keine Kraft und Lust mehr hinein zugeben. Kein Herzblut. Wie auch, wo kein Herz ist, wie woher soll dann das Herzblut kommen.
Ich habe zum ersten Mal überhaupt so richtig, richtig Heimweh. Vermisse meine Freunde und Familie und das mich erfüllende Leben, dass ich in dieser Gegend der Welt nicht finde. Das lenkt mich von allem was ich tue ab. Vielleicht habe ich mich verändert, vielleicht liegt es daran, dass dieser Teil der Welt nicht meiner ist. Wahrscheinlich eine Mischung aus beiden, wobei die geheime Zutat zum Zaubertrank fehlt.
Während ich diese Zeilen schriebe, als wäre es Schicksal erzählt mir eine meiner Liebsten daheim, dass ein ihr Nahestehender Mensch gestorben ist. Ich sollte endlich mal meine Fresse halten und schätzen, was ich hier habe. Denn mir geht es doch eigentlich gut.... Sollte es... Meine Gedanken sind bei euch.
Abends
Woa was bin ich gut gelaunt. Nicht nur, dass ich meinen ersten perfekten Flug hingelegt habe heute Abend, ich hab einfach eine gute Laune. Stijn und ich machen Musik und singen und ich freue mich auf meine Pilzsuppe mit Speck.
Was ein auf und ab heute. Später sitzen wir mit den Pro's in einer Gruppe und jeder macht so sein kleines Business am Laptop (ich schreibe diese Zeilen) und der Ausblick auf die beläuchtete Stadt hat sich immer noch nichts von seiner Schönheit verloren.
Paragliden ist so etwas schönes. Ich muss mir alles so hart erarbeiten und meine Emotionsausbrücke stören mich dabei. Es ist mal eine Stunde so, mal eine Stunde dieses. Wie schön es ist, will ich euch trotzdem nicht vorenthalten und habe heute mal selbst einige Bilder geschossen, als die Pros am Werk waren.
Fazit des Tages: So emotional. Ich glaub ich krieg meine Tage.