at day / at night
Kolumbien ist anders. Das habe ich gestern nach wenigen Minuten gespürt. Zudem hat Cartagena zwei Gesichter. Zusammen mit Nieves und anderen Bootsinsasen nutzen wir unsere lose Freundschaften um heute zum letzten Mal den Tag und die Nacht zu erobern. Wo steckt blos der Roel? Der müsste inzwischen auch hier sein.
en el día el sol está brillando
Der Tag beginnt früh. Limonade auf dem Balkon meiner Unterkunft. Unter mir die ersten Strassenhändler und Marktschreier, die ihre Gebete in die sängende Hitze stossen. Die Wege sind eng, hier in Cartagena, der wohl schönsten Altstadt, die ich seit Weltstadt Baden gesehen habe.
Ich strolle durch die engen Strässchen mit ihren überhängenden Balkonen. Geniese die Farben und die Menschen, die sie noch bunter machen. Da ist eine Kirche, in die ich gehe und Kinder bei der Erstkommunion sehe. Wenn der Mann am Keyboard an meiner Kommunion solch schreckliche Musik gespielt hätte, wäre wohl gleich meine erste Sünde passiert.
Das Geocaching führt mich an zwei wunderbare Orte, an denen ich mich ins grüne Gras lege und den Himmel betrachte, die Briese, die vom Meer rüberkommt, gibt mir Kraft zurück um am Zweiten Ceocache ein Museum zu besuchen. Ich liebe es an Orte zu kommen, die ich in Videospielen bereits schon mal begangen habe. Wie eben das Museum für Caribische Schiffahrt. Sir Francis Drake wird hochgelobt, doch die Reliquie, die man im Spiel sucht, ein Model des Schiffes von Sir Drake suche ich vergebens - Alles andere war jedoch warheitsgetreu dort, wo es im Spiel auch war. Das war intensiv.
Die Menschen hier sind stolz und freuen sich über Touristen, habe ich mir erzählen lassen und ich finde das auch. Ich habe Berührungsängste. Zentralamerika war für mich als Mann so hart sozial gesehen. Trotzdem wird hier meine in Nepal gestartete Theorie, dass stolze Nationen freundlicher zu Gästen sind, bestätigt.
Ich begehe die Stadtmauer, besuche einige Forts aus der Zeit der Spayards und esse gemütlich auf der Strasse und sauge das Leben auf. Hier gefällt es mir.
pero la noche es diferente
Während die meisten Gassen verlassen sind und von Hunden in einer epischen Schlacht zurückerobert worden sind, fühlt es sich Gespänstisch an. Die Schatten der wenigen Lichter beläuchten nur karg, was der Sonnenschein sonst in schönste Farben hüllt.
Während aus wenigen Häusern die Bässe klingen, erscheinen auch all die Menschen auf der Oberfläche, die vom System ausgespruckt worden sind. Cokedealer, Luden alles was die Dunkelheit bevorzugt. Viele Westler, die auf dem Stoff hängen geblieben sind, erzählen irgendwelche Horrorgeschichten, um von den anderen Geld zu ergaunern.
Auf dem Glockenturmplatz sind die Tänzer verschwunden und die schaaren von Touristen sind wohl zurück in ihren Hotels oder haben ihr Touristenoutfit abgelegt und liegen in einer der vielen Spielhöllen der Stadt. Wenige sind noch hier und bedienen sich am Angebot an leichten Frauen, die nun den Platz und den Park des Nationalhelden Bolivar bevölkern.
Doch eines verliert der Ort auch in der Nacht nicht - Seine unbändige Passion und die Lebensfreude, die mir in den letzten Wochen oftmals so gefehlt hat.