top of page
Utilla - Tegusigalpa

Tegusigalpa


Als ich aufwache, ist Raffael bereits verschwunden. Sein Bus nach Managua fuhr bereits zum Sonnenaufgang. Meine Verbindung zögerte sich noch bis 9 hinaus, was es mir erlaubte mich nochmals umzudrehen und ein oder zwei Cookies zu verdrücken, die Raff hier gelassen hat.

In der Nacht wurde ich einige Male durch laute Geräusche und Schreie aufgeweckt. Doch das ist grad Sekundär. Irgendwie hat das Hühnchen gestern auf den Magen geschlagen und ich verbringe erst mal ne Stunde auf der Toilette, bis alles raus ist und das Immodium wirkt. Das waren meine ersten Zwei Pillen auf dieser Reise. Also doch noch :)

Ich nehme das Taxi zur Bushaltestelle. Sie ist zwar nur 10 Minuten zu Fuss, aber mit meinem grossen Rucksack getraue ich mich nach all den Geschichten und vor allem der Geräusche letzte Nacht nicht wirklich raus. Ich stelle Fest, dass der Taxifahrer nicht direkt fährt und eine andere Route einschlägt, wie Andrew gestern. Meine Sinne schlagen Alarm, bin ich etwa dem Falschen ins Taxi gestiegen?

Ich zitterte schon ein wenig, versuchte aber gute Mine zum bösen Spiel zu machen und versuchte mit dem Fahrer irgendwie eine Persönliche Basis zu schaffen, die er jedoch konkret verweigerte, was ich in diesem Moment gar nicht mochte. Doch da war sie, die Bushaltestelle. Ich bin angekommen.

Doch meine Freude wirkte nur Kurz - Mein Bus war, trotzt Reservation, voll. Ich konnte es nicht glauben, mein Kiefer viel zu Boden und knallte so laut, dass mich alle anschauten. Ich werde informiert, dass ich morgen einen Platz auf sicher habe, ich solle dann wieder kommen. Ich überlege Alternativen, aber Chickenbus möchte ich hier in der Gegend nicht fahren, zudem würde ich es heute so oder so nicht mehr schaffen, es war bereits zu spät. Boah, auch das noch, denke ich und überlege baff, was ich tun soll. Ich traue mich kaum auf die Strasse.

Doch irgendwas muss gehen, ich kann ja hier nicht bis morgen Früh sitzen bleiben. Irgendwie erinnert mich die Situation an damals, wo ich in New York feststellen durfte, dass mein Flug nach Hause nicht gehen wird und ich dann beinahe zwei Tage am Flughafen zubringen durfte. Das würde ja jetzt noch gehen, aber das hier ist ein anders Pflaster. Ich laufe zurück und bin so plem plem, dass ich das Hotel nicht mehr finde, um wieder ein zu checken. Nach einiger Zeit finde ich aber die Gasse wieder, durch die wir gestern fuhren, die heute aber gemieden wurde.

Ich biege um die Ecke und erblicke etwas, was ich nicht sehen wollte. Mitten auf dem Gehsteig, auf dem ich mich befand, fand ich eine grosse Blutlache vor. An der Wand sehe ich unzählige Einschusslöcher und um einige befand sich Blut.

Ich drehe um. Ein ziemlich abgefuckt dreinsehender Mann mit zerfallenem Gesicht ruft mir etwas von der anderen Strassenseite zu, er ist älter und sichtlich betrunken, er zeigt auf mich und ich verstehe nur so was von "Muerte, Muerte!" Vielleicht war es auch, was mir mein Hirn vorgab zu denken, aber wenn ich überlege, dass das von dem armen Kerl hier an der Wand klebt, bin ich froh, darüber, das meines Alarm schlägt.

Ich gehe zurück und finde schlussendlich ein Hotel, einige Strassen weiter. Erstaunlicherweise konnte ich es erneut um sicher 5 Dollar drücken. Musste ich auch, denn ich habe kein Geld mehr. Und in dieser Gegend einen ATM zu finden... das kann ich mir nicht vorstellen. Ich lese auf meinem Ausreiseschein, den ich an der Bushaltestelle gekriegt habe, etwas von 15 Dollar Ausreisegebühren. Ichs überlege mir ernsthaft, warum ich nicht geflogen bin. Erstens wäre das inzwischen sicher biliger und zweitens, wäre ich jetzt da und nicht in der Situation, dass ich noch mal auf die Strasse muss. Doch ich komm nicht drum herum.

Beim Heraustreten drehe ich mich um und schaue das Hotel nochmals genau an. Das Haus sieht so aus, als wären zwei Stockwerke geplant gewesen, jedoch sind vom 1. Stock nur die Mauern und leeren Fenster zu sehen. Mir schwirrt viel durch den Kopf, viel zu viel, als ich nach 30 Minuten gehen und viele dubiose Leute fragen, endlich einen Bankomaten sehe, der mir Geld gibt. Ich habe mir auf einem Notizzettel den Weg zurück notiert. Den ich dann auch promt finde, ohne in einer bösen Gasse zu landen. Ich bin erstaunt, dass mich scheinbar niemand beobachtet hat beim Geld abheben und ich heil ankomme. Völlig geschafft, falle ich ins Bett und schlafe gleich ein.

Als ich erwache ist es bereits Abend und ich merke, dass mein Magen knurrt. Ich schaue auf die Strasse auf der Suche nach Essen. Doch bereits ist es 17 Uhr und es hat um mich alles geschlossen. Ein kleines Lädelchen jedoch gibt mir wiederwillig noch eine Cola und etwas Mais vom Grill. Doch irgendwie kriege ich nichts runter und muss mich zwingen an dem trockenen Kolben zu nagen. Immerhin muss ich nicht mehr zur Toilette. Wo nix ist, muss auch nix raus.

Ich schlage mich mit Videospielen aufm Handy und mit schreiben durch. Höre Musik und schaue Filme. Den Aufkommenden Hunger unterdrücke ich mit dem Rest des Maiskolben und der eint oder anderen Zigarette. Jeder Happen der rein geht, lässt mich zur Toilette springen. Bin ich froh, wenn ich hier raus bin und ich bete darum, das morgen alles klappt. Ob mir mein Kopf ein Streich spielt oder warum ich so reagiere. Ein Angriff auf alle Sinne. Das ist zuviel für den kleinen Schweizer.

Aber unglaublich spannend.

Und unglaublich schön.

So wie alles auf seine ganz eigene Art und Weise.

Anchor 1
bottom of page