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Chimaltenago - San Pedro la Laguna

Zimmer am Fusse des Vulkans


Mal wieder schreibe ich aus einer Hängematte und warte auf die Maya. Sie sollte eigentlich schon länger von ihrem Spanisch Unterricht zurück sein um mir das Zimmer aufzuschliessen, dessen Schlüssel sie wohl unbewusst bei sich trägt. Was wir manchmal für Hühner sind =) Ich habe mir inzwischen von meinen letzten Geld, der Rest befindet sich im Zimmer, ein Bier geholt, habe etwas gelesen und hab irgendwie Lust zu schreiben. Ich bekomme das eigentlich immer, nachdem ich in Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" gelesen habe, in dem er seine Reise auf dem Jakobsweg beschreibt. Heute dauerte es nur wenige Zeilen, bis ich das Buch niederlegte und mich in Gedanken wiederfand. Was mache ich eigentlich hier? Was ist meine Aufgabe? Warum habe ich das gemachte Nest wieder verlassen? Damals im Himalaya wusste ich genau warum ich da war. Das ist diesmal anders.

Ein gutes Beispiel ist die Maya, die ich gestern überfröhlich um meine Ankunft hier angetroffen habe. Schon bei den ersten Worten, die wir zusammen gewechselt haben, war mir klar, dass in ihr irgendetwas brodelt. Ich wickel die Hängematte um mich, denn es wird gerade richtig kühl. Maya ist ja bekanntlich Hebamme. In so einen Beruf wird man nicht einfach reingedrängt, man entscheidet sich nicht ohne Grund dafür. Für sowas muss man berufen sein, finde ich. So kam es dann auch. Wir haben in San Ignacio eine Abbildung eines Maya-Kalenders entdeckt, dass die Hebammengöttin darstellt. Maya erzählt mir, dass es nur kurze Zeit dauerte, bis sie hier in San Pedro heraus fand, dass ihr Geburtstag genau in das Sternzeichen fällt, in dem die Frauen als Hebamme geboren werden. Auf unserem kleinen Ausritt heute Morgen fanden wir heraus, dass die Hebammen in der Kultur der Mayas einen speziellen Stand geniessen. Es gibt Merkmale, die man von Geburt her trägt, die junge Mädchen als Hebammen zu erkennen geben. Eine spezielle Kraft soll es sein. Fancisco, unser Guide bei unserem Ausritt, kennt ein vierjähriges, dass dieses Zeichen in den Händen trägt. Sie arbeitet bereits als Heilerin, wenn auch noch nicht als Hebamme als solche, da sie noch so klein ist. Genau diesen Mädchen fällt es später kinderleicht, ein Medizinstudium abzuschliessen, da sie das ganze Wissen schon irgendwo in sich tragen... Die Maya findet einen Teil des Lebenssinnes bei den Mayas. Wie sollte es auch anders sein... Und da ja bekanntlich das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde liegt, geniessen wir die Ruhe des Berges und den atemberaubenden Ausblick auf den See. Diesmal nicht von unserer Terrasse, sondern eben vom Rücken der Pferde.

Was bin ich? Was spiele ich für eine Rolle auf dieser Reise? Ich finde mich hier noch nicht wieder. Was ich aber weiss, und dass gibt mir genügend Grund hier zu sein. Die Maya braucht zur Zeit eine Wegbegleitung, so wie ich sie auch brauche. Und so ergänzen wir uns und das gibt auch meiner Präsenz hier einen Sinn. Trotzdem Frage ich mich, was mit mir in Zukunft noch geschehen wird, wie mich Begegnungen prägen werden und wie solide mein Daheim ist. Für mich ist es unzerbrechlich. Aber das Leben in der Schweiz geht weiter und ich bin hier.

Den ganzen Nachmittag habe ich an meiner Reiseroute gebastelt um sie dann wieder auf dem Kopf zu stellen und sie noch mal zu überarbeiten - um dann doch wieder verworfen zu werden.

Aber dieser Ort gibt mir eine Ruhe. Als würden die sanften Wellen des Lago's auf die Menschen hier überschwappen, so vibriert hier ein ganz anderer Vibe wie noch in Flores oder Lanquin. Während sie Sonne sich im See spiegelt, kommt Wind auf und um uns herum schiessen die Drachen in die Luft um sich gegenseitig in Höhe, Pracht und Flugkunst zu übertreffen. Ich will auch so einen haben :) Auch die Reisenden sind anders. Hier wird jeder auf der Strasse gegrüsst. Egal ob Ausländer oder Ureinwohner. Jeder kommt sich mit einem Lächeln und einem fröhlichen "Buenos Dias" entgegen. Ich frage mich, wie das möglich ist. Man fühlt sich hier willkommen!

Das ist der Ort an dem ich mein Reisespanisch lernen möchte. Bei einem Einheimischen am liebsten. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden eine Weile hier zu bleiben. "Hier" heisst im diesem Falle das Hotel Peneleu, in dem es Zimmer für 25 Quetzales (ca 3USD) gibt, mit Blick auf den See, den Vulkan San Pedro und das direkt aus der Hängematte, in der ich gerade liege und mir das Chill erneut aus dem Arsch scheint. So Hell, dass man es von der anderen Seeseite her klar erkennen kann und hinter mich einen kleinen Schatten wirft...

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