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New Orleans

Best Friends for one Day.


Das war ja schon etwas enteuschend gestern. Ich spüre, wie ich mich nach ehrlicher, aufrechtiger Menschlichkeit sehne. Nach freundschaftlicher Wärme. So lieb die Selina und die Celine auch waren, irgendwie haben sie mich runtergezogen.

Zudem überlege ich schon die ganze Zeit, wie es weiter gehen soll. Ob ich überhaupt weiter soll. Wohin mit meinem Leben? Ist es vielleicht Zeit nach Hause zu gehen? Will ich überhaupt nach Hause? Es beisst sich in meinen Magen, so dass ich fast erbreche.

Als ich heute Morgen den Frühstückstisch aufsuchte, wo die letzen Tage immer die gleichen Leute sassen und mich mit Kaffee und Bagels begrüssten, sass heute niemand. Alle waren sie Früh morgens nach Nashville aufgebrochen. Boah, war das einsam. Auch die Seline und Celina sind weiter gefahren.

Genauso fühlte sich die Laura, ein hübsches Mädchen mit tollen Augen, halb Italienerin und halb Australierin, die heute nicht mit dem Clan weiter gezogen war. Diese Frau hatte bereits die letzten Tage gewusst, mich zu interessieren, wir waren quasi prädestiniert, heute beste Freunde zu sein.

Es ist kalt geworden hier in New Orleans. In unseren dicken Mänteln ging es raus. Weihnachtsmood machte sich breit. Alle Geschäfte sind dekoriert und das ganze French Quarter hat sich heraus geputzt. Die Strassen sind übersät von Weihnachtsmännern und in den Cafés sitzen Schaufensterpuppen als Elfen und Santas insziniert und die klirrende Kälte, die wir beide zum ersten Mal seit langem spüren, lässt uns zusammenrücken, als wir durch den French Market schweben.

Ich mag Lauras Blick für die alten Schallplatten, Vintage-Shirts und die Lieder, die sie mit ihrer Lilly Allen Stimme vor sich hin trällert, während ich versuche die Zweite Stimme zu erfinden, was mir gar nicht schlecht gelingt. Die Strassenmusiker spielen Weihnachtsklänge, als wir den Schmuck und die Souvenirs mustern. Weihnachtsstimmung da bist du endlich, mit allem was dazu gehört, sogar die Frau an der Seite, wenn auch nur für heute.

Als es ein dunkelte, der Tag verging wie im Flug, lud ich ins süsseste Kaffee von New Orleans zur heissesten Schokolade. Diese dampfte noch, als wir sie mit unseren unterkühlten Händen umschlossen und ganz kleine Schlücke daraus tranken, um uns nicht die Lippen zu verbrennen.

Wir sprechen über die Bedeutung von Weihnachten. Sie erzählt, dass sie seid Jahren nicht mehr mit ihrern Liebsten Feiern konnte, weil sie immer unterwegs gewesen war. Zum ersten Mal seit meiner Abreise vermisse ich richtig fest meine Familie. Wir beginnen beide zu Heartbeats zu singen, dass über den alten Plattenspieler in den Raum getragen wird.

Zurück daheim gönnten wir uns zwei Flaschen tollen australischen Wein, auf Empfehlung der Dame, und backten Kartoffeln mit Philadelphia und Colesaw-Salat um das dann gemütlich vor dem Kamin zu schnabulieren. Dazu guckten wir «Where the Wild things are» und waren bezaubert von den Charaktären, so wie wir bezaubert von uns waren.

Laura meinte, das es vielleicht Zeit wäre, für mich Zeit wäre, zurück an meine Quelle der Inspiration zu gehen. Aber nicht ohne Knall erwiederte ich und Buchte ein Ticket nach Island. Oh ja, mein Island. Meine grosse Liebe. Dir stelle ich alles unter. Von den Emotionen überrannt, vernaschten wir uns gegenseitig so heftig, dass im Candy Shop nicht mehr übrig war.

Es war mein Wecker, der uns aus dem Schlaf riss. 5.00 Uhr am Morgen, mein Zug wartet nicht. Noch immer sassen wir vor dem inzwischen erloschenen Kamin im Wohnzimmer des Hostels. Ihr Kopf war auf meine Brust gefallen und ich hielt sie bei ihrer Schulter. Lauras Augen linsten mich an als wollten sie schreien: «Musst du wirklich gehen?» ja, ich muss. Ich muss weiter, mit meinen Liedern ein Tränchen zerdrückend. Ich ergreife ihre weichen Bäckchen und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn. Begleitend von den Worten: Man trifft immer die Menschen, die man in dem Moment am meisten braucht.

Laura und Lukas, beste Freunde für einen Tag.

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