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Ko Phi Phi

Hey, where are you from?


Gerne mache ich diesen Einschub, der mich schon lange beschäftigt. Aber heute bin ich bereit, dazu in einer kleinen Geschichte Stellung zu nehmen. :D

«Hey, where are you from?» ruft der Typ mit den langen, dunklen Haaren in den Raum, als er diesen betritt. Um mich herum erklingt reih um: Tschörmeni, Canada, Holland, California, Israel … «Oh du bist aus Israel, ich auch!!!» Eine typische Szene aus einem Hostel. Und dann kommt er zu mir, hält mir die Hand hin und sagt: Ich bin aus Israel und du?

Ab jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten, wie ich reagieren könnte. Entweder gehe ich darauf ein und halte die Hand hin. Sage: «Hey, Israeli, ich bin Schweizerli.» Das mache ich, wenn ich mich auf endlos tote Konversationen einlassen möchte, die ich so schon gefühlt tausenden hatte. Alternativ lässt sich deshalb auch antworten: «Hey, Israeli, ich bin Lukas! Der gefällt mir persönlich sehr gut. Etwas dreister wäre dann: «okay mein Freund, du gehst jetzt nochmals raus, nimmst dir zehn Sekunden Zeit, kommst wieder rein und versuchst es mit der doppelten Menge an Kreativität noch mal.»

Warum sage ich so was? Warum rufe ich nicht einfach «Switzerland»?

Zum Verständnis stelle ich mir eine weitere Frage. Mit welchem Vorwand reisen Menschen?

Der schwärmende Reisende erzählt doch, dass er fremde Kulturen kennenlernen will. Dann möchte er sich selbst finden, was er wiederum als Suche nach Weisheit und Liebe darstellt. Er sucht die Freiheit! Dann gibt es doch nichts kontroverseres als sich gleich beim ersten Kontakt mit seinem neuen Gegenüber Grenzen hochzieht, ihn in eine Schublade steckt, indem man ihn fragt, aus welchem Land er denn kommt. Das ist doch immer mit Vorurteilen behaftet.

Grundlegend gibt mir diese Erkenntnis auch über meinen Umgang mit Vorurteilen zu denken. Denn ich will nicht wegen meiner Nationalität beurteilt werden. Mein Name ist Lukas und ich bin ein Individuum. Ich erwarte auch nicht als typischer Schweizer angesehen zu werden. Der typische Schweizer lebt im Mittelstand, macht mittelteureren Urlaub, fährt einen Mittelklassewagen. Aber gibt es den typischen Schweizer denn überhaupt? Was ist das Bild der Schweiz nach aussen? Wir sind alles Banker, mögen Käse und essen Schokolade. Dann können wir alle Fahnenschwingen und gehen geschlossen an Schwingfeste. Das mögen wir auch alle. Genauso ist jeder Chinese gerne Hühnerfüsse und Eingeweide von Tieren. Jeder Chinese kann nicht fertig denken, drängelt und spricht keine Fremdsprachen. Aber das stimmt auch nicht. Ich habe eigentlich genügend solche Menschen getroffen und trotzdem spreche ich immer vom «Chinesen» als allgemeinen.

Unsere Nationen sind Kunstwerke, die über die letzten Jahrhunderte, Jahrtausende entstanden sind aufgrund von Geschichte und Kultur. Jeder äussere Einfluss verändert das Individuum und generiert die vielseitigsten Menschen. Die einen Zivilisationen mehr, die anderen weniger. Wir sind alles Individuen, mit gewissen Gewohnheiten, die uns voneinander unterscheiden.

Es ist also nicht richtig, einen Menschen durch seine Staatszugehörigkeit zu beurteilen. Schon gar nicht als Reisender. Ich akzeptiere es, wenn jemand neu auf dem Weg ist und sich darüber freut, dass es noch weitere Nationen gibt auf der Welt. Wenn aber jemand mit mir Freund sein möchte, dann muss die Person es schaffen, mit auch seinen Tiefgang zu zeigen. Das ist mit der Grund, warum Lukas, Michel, Albert usw richtig gute Freunde geworden sind und warum Tausende, die meine Hände schüttelten wieder im Nirvana des Inkognito verschwunden sind.

Klar ist es nicht mein Recht und ich bin ja auch keinen Scheiss besser, wenn ich sage, dass ich Menschen, die mit «hey, where are you from», auf mich zukommen bevor sie mich angeschaut haben, zu urteilen. Aber der Arme, euphorische Israeli, der eben das Zimmer betrat, geht mir auf die Eier, bevor er sich gesetzt hat. Auch er hat sicher irgendwo seinen Tiefgang. Aber warum nicht gleich damit starten oder Kreativ sein, anders sein wie die Anderen? Scheiss auf Hook Up Phrases!

Und für den immer und immer wieder gleichen Smalltalk fehlt mir einfach die Motivation. So ist es halt, wenn man alleine reist – man beginnt immer wieder von vorne.

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