Der Todesschrei des Dashain.
Als um 5.30 der Wecker ging, konnte ich noch nicht ahnen, was für eine einschneidende Erfahrung sich mir ergeben wird. Hinter unserem Guesthouse wollten wir auf den Tempelhügel klettern um die allerbeste Sicht auf den Sonnenaufgang und die Berge zu haben. Gestern noch hochinteressant philosophiert, viel über Jallal erfahren und meine Sinne geöffnet. Genügend Angriffsfläche, für was wir da oben antraffen. Das Dashain, Opferfestival war schon in vollem Gange.
Jeder Dorfbewohner trieb seine Ziege den Hügel hoch, wo sie im Tempel verschwanden. Ich dachte mir nichts böses, wusste, was da drin vorgeht und lies mich nicht beirren. Doch es gibt eines im Leben jedes Lebewesens auf diesem Planeten, dass so tief ins Mark geht, dass es Spuren hinterlässt. Ist es ein Reflex? Ein Aushauchen der Seele oder ein Weckruf für die Götter, denen das Opfer gilt? Aber der Todesschrei einer jeden Kreatur … lässt mich erstarren und direkt übergeben.
Den Tieren bei lebendigem Leibe der Kopf abgetrennt. Das Blut wird geopfert und den Menschen das Dritte Auge auf der Stirn der Opfer gemalt. Das ist der Segen und bringt Glück.
Der Todesschreih sollte mich noch lange beschäftigen. So was habe ich noch nie gespürt. Vielleicht das intensievste was ich jeh wahrgenommen habe. Dieses Bewusstsein, dass eben ein Leben unter grossen Schmerzen beendet wurde. Der Moment, wo es dem Lebewesen klar wird, dass es das war und der letzte Schreih aus Angst, der Todesangst entweicht. Die Schlächter lachen schelmisch, sind glücklich beim abtrennen der Köpfe, denn für sie ist es sein segen. Blutrünstiger Khali, mögest du gelobt sein. Ich erbrach ein zweites Mal.
Nach suchte mir ein neues Plätzen auf der anderen Seite des Hügels, wo ich alleine und beruhigt das Schauspiel, das sich vor mir auftat geniessen konnte – Auch wenn die Schreie bis hier rüber drangen, wenn der Wind seine Richtung wechselte.
Was für ein heftiges und bleibendes Erlebnis. Wir haben die Berge gesehen. Die ganze Himalayakette vom Süden aus. Annapurna und andere 8000-er und die volle Packung Kultur. Wir sprachen darüber bei gutem Frühstück, das dann wieder gut runter ging, denn es war ja jetzt Platz im Bauch.