Heiliger See
Lukas und ich haben fast verschlafen. Ich meine, wie lange ists her, dass wir um 6.00 Uhr aufgestanden sind? :D Nach gemütlichem Frühstück und kurzem Schwatz mit Sonam, so heisst die Hotelbesitzerin, gings los.
Sonam ging mir auch nicht so schnell aus dem Kopf. Sie kam gestern Abend zu mir und fragte, ob ich mich mit Computern auskenne. Natürlich bejate ich, konnte ja auch nichts einwenden, mit dem Laptop auf meinem Schoss. Ihr anliegen war, dass sie keinen Zugriff mehr auf ihren Internationalen Tibetchat hatte.
Ich schaute mir das also an. Natürlich war die Seite gesperrt. Ich installierte ihr einen VPN (verschlüsselte, internationale Verbindung, über die wir uns auf gesperrte Seiten einlogen) und siehe da, der Chat ging wieder. In was für Gefahr sie sich begab, wurde auch klar, als ich bemerkte, dass der Chat als Hintergrund die hier streng verbotene Tibetische Flagge prangte. Zudem war auf der Startseite ein Bild des noch viel verboteneren Dalai-Lama’s. Die kleine hatte echt Eier. Wie muss sich das nur anfühlen, wenn du weisst, du wirst unterdrückt? Du bist nicht erwünscht, am besten sollst du sterben und wirst das früher oder später auch?
Unser Bus schlängelte sich über Stunden den Berg hoch mit dem Ziel Namtso Lake, dem höchsten Salzsee auf Erden. Tibet ist echt ein Land der Superlativen. Auf dem Weg fällt uns dann auch zum ersten Mal der unglaublich gute Zustand der Strassen auf, die sich durchs Gebirge schlängeln. Diese wurden alle in den letzten Jahren gebaut um das Land näher an China zu bringen.
Der See selbst war dann eine herbe Entäuschung. Eigentlich sollten da Tibeter hinpilgern, Koras machen, Gebetsfahnen aufhängen … doch wie ist es? 1. Ueberlaufen von Han-Chinesen, die alle Sprungfotos vor dem See machen (das ist MEIN JOB) und Bettlern, Händlern, die ersten richtig Nervenden in Tibet, und wenn du aus versehen eines der weissen am Seerand stehenden Yaks fotografiert hast (was, sollte man ein Bild vom See wollen, unumgänglich ist), kommt gleich jemand angerannt und möchte seine zehn Yuan Gebühren. Das erinnert mich ein bisschen an Emma und mich. Jetzt krieg ichs also heimgezahlt. ^^
Für mich ist ads nichts. Been there, done that. Was essen und ab in die Hot Springs.
Die hatten es dann auch in sich. Nicht im entferntesten hätte ich gedacht, da ein Geothermales Kraftwerk zu entdecken. Tibet ist schon ne Wundertüte. Man merkt leider, Lukas und ich schon länger unterwegs sind, wie unsere Reisegruppe, die nur für zwei Wochen hier ist. Der eine isst kein Streetfood, die anderen sind dauernd Müde, meckern über alles, was anders ist, wie zu Hause … richtig schade eigentlich. Trotzdem sind sie nette Personen und ich mache das Beste draus. Bin halt etwas sensibel, wenn andere Leute in meinen Lebenstraum Pfuschen.
Natürlich sind ihnen die 128 Rmb für die Hot Springs zu teuer um ein Becken mit dreckigen Chinesen zu teilen. Da habe ich mich zum ersten Mal richtig genervt. Jawohl, es ist viel Geld, aber das sind alles gut verdienende Menschen, die wirklich nicht auf den Batzen schauen müssen. Ausser ich, wenn mein Geld alle ist, dann hab ich nichts mehr. Aber ihr habt alle Jobs und seit im Gegensatz zu uns in einer stabilen Lebenslage, also bitte Maul halten.
Dementsprechend durften dann auch alle zwei Stunden draussen warten, bis unser Guide Jack (der frei reinkommt) und ich mit unserem Spa-Rundgang fertig waren. Es war herrlich sage ich euch. Natürlich war der Pool chinesische Architektur und nicht mit einem Vals oder Bad Ragaz zu vergleichen, aber die Aussicht vom Aussenpool auf mehrere Siebentausender hat mich richtig gepackt, während sich die andern draussen zwei Stunden lang vor Händlern und Bettlern flüchten mussten. Selbstschuld. =)
Ausser Wai, die Hongkongerin ist ziemlich cool drauf und erstaunlich entspannt. Die hatte einfach ihre Tage ^^.
Auf dem Weg zurück zum Bus, sehe ich auf dem Boden etwas glitzern. Ich schaue genauer hin und entdecke eine Karte. Auf den zweiten Blick stelle ich fest, dass es sich um eine Tibetische Identitätskarte handelte. Ich weiss nichts genaueres darüber, aber ich werde sie auf alle Fälle mal behalten.
Story 5: Klöster
Soeben wurde ich von Tiziano Terzanis «Das Ende ist mein Anfang» (Yap, ixh habbei dem vielen Schreiben auch noch Zeit zum lesen) daran erinnert, das in den 0ern alle Klöster zerstört wurden, was mich wiederum daran erinnert, dass uns das beim Besuchen vom Sera-Monestary nicht auffiel. Aber das ganze Ding lag damals in Schutt uns Asche und wurde rein für Tourismuszwecke wieder aufgegbaut. Weil die Besucher keine leeren Mauern sehen wollen, darf eine Limitierte Anzahl Mönche praktizieren. Limitiert um die Kontrolle zu wahren und die Mönche nicht zu stark werden zu lassen. Unter Anderem gib es dort genauso viele Überwachungskameras wie überall, wo die Tibeter leben. In den nächsten Tagen entdeckten wir am Wegrand immer wieder Klosterruinen. Es soll heute wieder 3000 Klöster geben in Tibet … Wieviele es wohl damals waren?