Shambala? Die Eindrücke
Was für ne Ankunft gestern. Aus dem Bahnhof gekommen, wurden alle abgeholt. Nur wir nicht. So standen wir da, wie bestellt und nicht abgeholt mit einem verdutzten Grinsen auf der Stirn. Den Soldaten, die ach so stolz den Bahnhof bewachten, waren wir auch schon aufgefallen, was wir an ihren löchernden Blicken feststellten – Vielleicht haben sie auch mit offenen Augen geschlafen. Wir werden es nie erfahren. Anyway, so blieb uns nichts anderes übrig, den einzigen Taxifahrer vor Ort zu bestechen, damit er uns in die Stadt mitnimmt. Es ist nämlich für Ausländer (ausser Chinesen, die können hier machen, was sie wollen) verboten, den ÖV zu benutzen und als erwartet man hier in den nächsten Jahren einen grossen Zuwachs, wurde der Bahnhof weit ausserhalb der Stadt gebaut. Wir fahren über zig Autobahnänliche Strassen.
Die Frage aller Fragen: Wie ist Lhasa heute? Ums vorweg zu nehmen, Lhasa ist eine der modernsten und saubersten Städte, die ich bisher in China angetroffen habe. Die Regierung macht hier ein Touristenparadies für Chinesen und möchte das die auch bleiben. So sieht man ausserhalb der Stadt ein riesiges Strassennetz, wo aber noch keine Gebäude dazwischen stehen. Zudem wird im bekannten Chinesischen Stil gebaut. Quadratisch, Praktisch, hässlich – mit dem Ziel, dass sich die Chinesen wie daheim fühlen. So abstrakt das klingt. Es gibt heftige Discos alles, was der Chinese braucht. Man sagt ja, dass die angesiedelten Chinesen (die einen Finanzbonus kriegen, wenn sie aufs Plateu ziehen) zusammen mit dem Militär inzwischen mehr sind, als Tibeter. Alle Häuser leuchten durch Neon … nun ja. Das ist NEU-Lhasa.
Es ist offiziell, David, oder wie er hiess, der uns die Tickets besorgt hatte und uns auf die obligate Tour gebucht hat (die man braucht, um rein zu kommen) hatte mich verstanden und uns einen Vorsprung gegeben. Hier wartet kein Tourguide auf uns, nein, als einzige der Touristen in der Stadt sind wir alleine. Nach einer Odyssey fanden wir auch das gebuchte Hotel, welches mit David wohl unter einer Decke war und uns ohne weitere Schwierigkeiten aufnahm – was wohl höchst illegal war.
Unser Hotel Hotel befindet sich in der Altstadt und hier fühlt sich alles schon eher nach der heiligen Stadt an. Wunderschöne Häuser, zwar eine unglaubliche Zahl an Militär, Sicherheitskameras und Mikrofone sorgen für «Sicherheit». Andererseits stechen sie halt schon sehr ins Auge und ich weiss noch nicht recht, wie ich mich fühlen soll, wenn mich ein Scharfschütze vom Dach eines Wohnhauses im Visier hat, vor allem, wenn wir ja scheinbar illegal hier sind. Aber damit muss man leben und die Tibeter tun das auf den ersten Eindruck zur Zeit sehr gut.
Trotz allem ist Lhasa eine extrem angenehme Stadt und die vielen wunderschönen Menschen in den Strassen um den Bankhor (Jokang-Tempel-Kora) sind nicht satt zu sehen. Alle kommen sie hier her, zu einem der heiligsten Tempel des Landes. Wir leben nur grad um die Ecke und kriegen alles mit. Auf dem Weg ins Restaurant oder Bar haben wir die Kora (im Uhrzeigersinn drumherum) nun bereits sicher zehn Mal gemacht. Die Chance auf hohe Wiedergeburt stehen also gut :D
Uns gefällt die Stadt. Wir haben zwar wie erwähnt keinen Guide. Das macht Sightseeing in den bekannten Sehenswürdigkeiten bislang unmöglich (Ausländer dürfen nur mit Guide in z.B. Potala). So bleibt uns die Möglichkeit das Stadtleben völlig in uns Aufzusaugen und das tun wir auch. Es ist wunderschön hier. Und der Potala … Ja, der sagenumwobene Potala ragt über die Stadt, gefesselt von neu geteerten Strassen und einem Riesenplatz mit Springbrunnen, wo früher die Pilgerhäuser waren. Das tut seiner Majestätischen Aura nichts an und ich war den Tränen nah, als wir ihn das erste Mal bestaunten.
Auch wenn Lhasa nicht mehr das Gleiche ist wie früher, diese Stadt ist ein wunderbarer Flecken Erde mit viel, viel Tiefe. Man spürt seine Geschichte auf Schritt und Tritt und die aufkommenden Emotionen berühren jeden. Noch nirgends hab ich mich dem Himmel so nah gefühlt wie hier. Ich bereue nicht, hier her gekommen zu sein.
Am Abend hatten wir noch eine nette Begegnung in der Music-Bar mit einem Deutsch sprechenden Chinesen. Er war vor 24 Jahren bereits schon mal hier und hatte viel zu erzählen. Was für eine Bereicherung. Meine Gedanken über unser hiersein, teilte ich nicht mal mit Lukas zu 100%. Ihm war bewusst, dass wir nun drei Tage für uns haben. Was das bedeutet, erzähle ich ihm ein ander Mal.
Story 2: Die müssens ja wissen.
In den Schulen wird den Han-Chinesen gelehrt, dass Tibeter ein dreckiges Volk sind. Das ist nach persönlicher Feststellung nicht richtig und ich behaupte das Umgekehrte. Aber es lässt sich halt nichts dagegen machen, dass der Han-Chinesische Way of Life der einzig wahre erstrebenswerte ist … Steht auch im Schul-Geschichts-Buch und auch, dass der Chinese 2020 auf dem Mond landet. Die scheinens zu wissen :D