Fullmoon Party im Gebirge
Nass waren wir. Es musste ja so kommen. In den Bergen ist das Wetter unberechenbar und hier auf 3700 Metern über Meer erst recht. Tadong ist ein kleines, tibetisches Dorf, nördlich des Tibet-Sichaun Highways. Wir haben es gestern gegen 23.30 noch hier her geschafft. Ausser uns haben sich ein paar verwegene Israelis hier her verirrt, die jedoch eine ganz angenehmes Umfeld geben und auch einige hübsche Mädels dabei haben. Lukas und Lukas verstanden sich prächtig, die interessen schnell ausgetauscht. Er mag die Karen, ein zierliches Mädchen, der man es gar nicht gibt, dass sie eben zwei Jahre Armeedienst gemacht hat und mir gefiel die Lee, so ein Mädchen von nebenan. Oh ja, das war mir noch nie leid. In dieser herrlichen Herrberge, von einem alten Tibeter geführt, der kein Wort Englisch spricht, aber sich an allem interessiert, das die Menschen tun und machen. Er war mit uns und lies die Einladung auf Bier nicht aus. Leider funkte es zu wenig, um die Mädchen dazu zu ermutigen, uns die kalte Nacht etwas wärmer zu machen. Und jetzt ist der nächste Tag und es ist noch kälter. Wir stehen im Regen, der auf dieser Höhe etwas fieser daherkommt, wie noch im Regenwald.
Nun, erst war alles halb so schlimm. Wir wurden heute Morgen von unseren Israelischen Mädels unterrichtet, dass im Frauen Kloster Gebetsfeierlichkeiten stattfinden, die wir uns natürlich nicht entgehen lassen wollten. Dummerweise gaben sie uns die falsche Richtungsangabe und wir endeten dabei, sämtliche umliegender Klöster abzuklappern – und da gab es einige.
Die Gegend hier ist unglaublich. Zudem scheint es ein spirituelles zentrum zu sein. Die Hügel, als wären Riesen hier vor Urzeiten hingelegen und eingeschlafen, bemalt mit Tibetisch-Buddhistischen Sprüchen und endlos vielen Gebetsfahnen, übers ganze Tal gespannt. Das Highlight bilden Dreiecke, gesteckt aus Gebetsfahnen, die den Ganzen Hügel hinter Tadong bedecken. Ein Totenberg, auf dessen Rückseite du kommts, wenn du verstorben bist. Dort wird dein Körper von einem dafür ausgebildeten in Stücke geteilt und den Tieren zum Festschmaus übergeben, so dass nichts mehr übrig bleibt. Die Tibeter schliessen so in ihrem Glauben den Kreis und gehen zurück in den Kreislauf.
Nach drei Stunden haben wir dann gefunden, was wir gesucht hatten und waren beeindruckt von einer Zeremonie hoher Lamas, das in einem Aussenzelt stattfand. Die Betenden sassen an ihren Tischen und füllten ihre Butterlampen und opferten Essen und künstliche Blumen. Andere sassen einfach nur da und drehten ihre Gebetsmühlen – im Uhrzeigersinn, wie sichs gehört.
Dort trafen wir zur grossen Freude auch wieder auf die Mädels, Karen und Lee und ihren anderen Israelischen Freunde, waren schon heftigst mit den Kindern am rumspielen, die vor den Zelten rumtobten und sichtlich weniger Respekt vor uns hatten, wie die erwachsenen, die das ganze Treiben liebe aus der Distanz sahen.
Nachdem wir bereits auf dem Weg hier her Kloster dem starken Regen nur knapp entkamen, sah es diesmal weniger gut aus. Auf dem Rückweg kamen die Wolken näher und wir sahen die Regenfront förmlich auf uns zustürmen. Wir erfragten Unterschlupf in einem Nomadenzelt, die aber mit uns offensichtlich nicht viel anfangen konnten. Und uns mit heftigen Gesten wieder vertrieben. Nun ging es nun aber richtig los. Unsere Gruppe wanderte übers Feld, das Ziel einige Kilometer weiter im Blickfeld. Dann setzte der Regen ein und wir rannten, denn es war richtig Heftig mit Blitzen und Donner. Damit sollte man nicht spassen hier oben.
Als wir an seinem Hof vorbeitrotteten, inzwischen pitschnass, winkte uns ein jünglicher Tibeter hinein. Mit einem lachen auf den Lippen schaute er uns Durchnässte an und wies seine Frau zugleich an, Decken zu bringen und heisses Wasser aufzusetzen. Sie war eine wunderschöne Frau, ihr Pechschwarzes Haar zu zwei Zöpfen geflochten, die sie mit roten Bändern angebunden, über ihre Bauerntracht trug. Sie wies uns an, doch ums Feuer zu sitzen, welches sie mit Kuh und Yak Dung zum lodern brachte.
Es schien nicht nur für uns eine willkommene Gelegenheit zu sein. Mit einigen Brocken Tibetisch, die wir in der Gruppe zusammenbrachten, versuchten wir die Kommunikation, die dank der Wärme erstaunlich gut klappte. Wir erfahren, dass der Vater von Todsche mal bei so einem Regen von einem Blitz getroffen wurde und er seither allen Reisenden Unterschlupf bietet – Auch wenn sie noch so ausserirdisch aussehen, wie wir.
Nach einigen Stunden war der Spuk vorbei. Wir verabschiedeten uns von Todsche und seiner Frau und konnten nun trocken die letzte Etappe zurück nach Tadong unter die Füsse nehmen. Zur Feier des Tages wurde das Wasser von Oben gegen solches aus der Flasche getauscht, das seine Wirkung nicht verfehlte. Auch Amors Pfeil traff heute besser, wie noch gestern und brachte in dieser Vollmondnacht mehr als nur die nötige Stimmung. Wie richtige Kerle sollten sich Lukas und Lukas zu später Stunde auf eine Zigarette danach treffen und das Leben in höchsten Tönen loben. Schade, müssen wir morgen bereits weiter. Diese Nacht dürfte gerne ewig dauern.