Another Brick in the Wall
Da sitzen wir nun. Den Blick lassen wir schweifen und versuchen unser Glück zu fassen. Wir lassen es bei den kläglichen Versuchen und geniessen die Stille. Um uns Wald, Gestrüpp und Steine, herabgefallen von der Mauer. Der Grossen Mauer. Da sind wir nun. Mutianyu und trotzdem weit und breit keine Touristen. Nur die Wand und wir.
Dabei sieht es zu Beginn gar nicht gut aus. Den Weg hierher hätten wir uns einfacher machen können. Aber beflügelt vom gestrigen Erfolg dachten wir heute Morgen: Lass es uns mal bei der Wall probieren. Um unabhängig zu sein, nehmen wir keinen Touristenbus, sondern den öffentlichen – und das erweist sich als ziemlich tricky, denn man muss zigmal umsteigen und mit englisch ist hier beim besten Willen nichts zu machen. Glücklicherweise stossen wir auf einige deutsche Studenten, die uns unter ihre Fittiche nehmen.
Was wir erleben, ist ein perfekter Tag, mit smogfreiem Himmel (man sagt, das erste Mal seit Wochen) und einer angenehmen Biese. Dank dem Fachwissen unserer neuen deutschen Freunde, entdecken wir ein Stück Paradies. Viele Teile des Mongolenfängers sind restauriert, was in China soviel heisst wie «neu gebaut». Aber dieses Stückchen Mauer, wo wir stehen, streckt sich durch Wald, Tal und Hügel und ist gänzlich unberührt und in Originalzustand. Es ist so geheim, dass es nur mit Durchsteigen eines Fensters im Touristenkomplex zu erreichen ist. Ihr solltet uns sehen. Die Luft ist rein, los! Schnell durch! Und zack, sind wir auf der anderen Seite, ohne dass uns jemand sieht. =) Das Risiko ist es wert, denn die Wall, die Chinesische Mauer … ist wunderschön. Weltwunderschön. Ich freue mich mit Melanie hierher oder an einen anderen wilden Teil der Mauer zurückzukehren.
Natürlich haben wir auch hier wieder unser Schild dabei und Emma brachte ihr bestes Grinsen mit auf die Mauer um alle Kundenwünsche zu erfüllen. Ich habe ja keine Ahnung, ob das legal ist, was wir hier machen. Hier oben ist weit und breit keine Security, dafür tausende meist chinesische Touristen und die geben uns vier Stunden mächtig was zu tun. Was wir hier erleben, das darf man niemandem erzählen.
Den Abend verbringen wir mit einem Siegesbier im Hostel, wo in einer bunt gemischten Gruppe aus Kolumbianerinnen, Indern, Amerikanern und Franzosen spontan entschieden wird, der Wangfujing Street einen Besuch abzustatten. Man sagt ja, dass Chinesen alles essen, was kreucht und fleucht – in der Wangfujing Street gibts das alles – am Spiess! Emma und ich sind eigentlich viel zu müde, um uns nochmal zu bewegen, aber ich kann den freundlich bittenden Augen aus Kolumbien nicht widerstehen. Wie fleissige Blog-Leser wissen, habe ich sowieso einen guten Draht zu Südamerikanern und ihrem Temperament und so lasse ich mich überreden und Emma kommt trotz bereits montiertem Schlafanzug auch mit. Ist sie wirklich so hungrig auf Skorpione und Schlangen?
Ums kurz zu fassen: Auf meiner Liste verspeister Tiere sind neu dazugekommen: SKORPION; KAKARLAKE; AFFE; SCHLANGE; TAUSENDFÜSSLER, sowie die Klassiker KATZE und HUND. Entgegen allen Erwartungen *lach* der Skorpion macht bei uns allen das Rennen. Aber bitte die kleinen, lebendigen und nicht die grossen schwarzen, die sind nicht so gut und der Panzer klebt so zwischen den Zähnen.