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Chengdu

Mein Tag mit Mao.


Tibet. Ich war bisher eigentlich ein flexibler, geduldiger und spassiger Geselle. (Stimme aus dem Off: NEIN, definitiv war ich das nicht!) Aber wenns um dieses Thema geht, sticht man mir ins Herz. Ich merke, wie ich mich trotz Emmas Fürsorge zurückziehe, auf nichts und niemanden mehr Lust habe und sehr viel schlafe. Sicher ist, wenn nicht langsam aber sicher feststeht wo’s langgeht, treibe ich mich und alle um mich herum in den Wahnsinn. Ich erkenne mich selbst kaum mehr – oder lerne ich mich grad richtig kennen? Nicht einmal mehr beim abendlichen Tai Chi über den Dächern Chengdus, bei dem ich jetzt auch mitmache, bekomme ich meinen Kopf frei. Ich schäme mich auch ein bisschen gegenüber Emma, die akzeptiert, dass man daran nichts ändern kann.

So ist der Gang zu Mao, dessen Statue über der Stadt ragt und mit erhobener Hand seine Macht Preis gibt, eine emotionale Sache für mich. Ein Denkmal von einem Menschen zu sehen, den ich so sehr verabscheue. Er ist verantwortlich für die Art und Weise, wie China funktioniert. Klar tat er es nicht im Alleingang. Aber die Sachen, die mich betreffen, da hatte er massgeblichen Einfluss. Kulturrevolution? Lächerlich. Da steht er also. In Blumen gebettet. Eingegittert vor dem Technologiemuseum. Technologie? Ebenfalls sehr ironisch zu betrachten. Die Chinesen erfinden nicht. Sie kopieren! In den Geschichtsbüchern wird bereits gelehrt, dass 2020 der erste Mensch auf dem Mond landen wird. Ein Chinese. Mit russischer und amerikanischer Technologie aus den 60ern.

Der People’s Square, umgeben von Brunnenanlagen und bewacht von Soldaten macht eine gute Gattung. Es scheint ein willkommener Platz für Touristen aus dem ganzen Land zu sein. China fördert seinen Lokaltourismus. Der neue Reichtum soll in die eigene Wirtschaft fliessen und die eigenen Marken sollen sich etablieren um sich unabhängig vom Westen zu machen, bzw. zu bleiben. Seit dem Boxeraufstand 1900, wo alle Ausländer aus dem Land gescheucht wurden, steht man in einem speziellen Verhältnis zum Westen. Zudem ist da noch die Great «Fire»Wall of China, was ich ja schon öfters erwähnt habe. Die Internetzensur hat auch andere Zwecke. Facebook und YouTube werden geblockt, um die eigenen Produkte wie QQ usw. voranzutreiben, die ebenfalls nicht neu erfunden sind. Markenrechtler hätten hier ihre pure Freude – würden sie sich getrauen. Die Gespräche mit Long-Nose Mike sind super und er weiss viel zu erzählen und Gedankenanstösse zu geben.

Mir bleibt viel Zeit um nachzudenken. Zum ersten Mal ist blauer Himmel zu sehen, heute am Drachenbootfeiertag. Wir genossen den Nachmittag im People’s Park bei einem unfassbar grüseligen Grüntee. Das liegt wohl mehrheitlich daran, dass wir ihn durch zu langes Brühen verkocht haben. Der aus der Flasche ist trotzdem besser. *schmunzel* Wir diskutierten über den «Laundry-Bear» vom Zoo gestern und die chinesischen Apple-Pears. Bis wir feststellen, dass unsere Übersetzungen nicht wirklich viel taugen, aber unglaublich gut klingen :D

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