Vietnam Rush Day 4: Floating Market
Soeben habe ich das Buch fertig gelesen, das mir meine Nina damals am Flughafen in Zürich unter süssest kullernden Tränchen zusteckte. «Veronika beschliesst zu sterben» von Paolo Coelho – Nina hat auf der letzten Seite drei wunderschöne Worte hinzugefügt, die ich nie vergessen werde. Mein ungeschlagenes Highlight des Tages.
Ja, das Leben zu Hause geht weiter. Auch ohne mich. Eine gute Freundin von mir, die ich letztes Jahr ans Trainingsweekend meines Volleyballvereins eingeladen hatte, wird auch dieses Jahr wieder fahren – ohne mich. So schliessen sich Kreise. Irgendwann werde auch ich wieder da sein, um an euren Leben teilzuhaben, meine Lieben. Bis dahin versuche ich mein Bestes, dass ihr auch an meinem teilhaben könnt. Für euch schreibe ich diese Zeilen.
Der Morgen kommt viel zu früh. Der Nachteil am draussen sein, sei es noch so schön, ist die fehlende Aircondition! :D Zum Frühstück gibt es Rührei, Kaffee und – ich staune nicht schlecht – französische Baguettes. Die Franzosen haben hier ja nicht viel Schlaues angestellt ausser Krieg anzuzetteln und komische Gebäude zu bauen. Aber das Brot ist echt gut. Seit meiner Abreise im Januar habe ich kein so gutes Brot mehr gegessen. Es ist eine Wohltat. Erst jetzt fällt mir auch auf, dass dies nicht das erste Mal ist, dass ich das sehe. Wie kann mir so was nicht auffallen? Was ebenfalls noch von den Franzosen übrigbleibt, ist eine ältere Generation von Vietnamesen, die in der Schule die französische Sprache erlernt hatten. So komme ich am Nachmittag mit einem Mann ins Gespräch und wir stellen erfreut fest, dass wir uns mühelos unterhalten können! Er erzählt mir von seiner Familie, wie sehr er die Franzosen hasst (je deteste, je deteste!) und wie fest er sich überwinden muss, amerikanische Touristen zu akzeptieren. Er erntet mein vollstes Verständnis. Leider endet diese eindrückliche Begegnung mit meinem neuen «Camerade» abrupt, werde ich doch von meinem Guide zurück in den Bus gezerrt.
Wir besichtigen den wuseligen Floating Market von Can Tho und beobachten das fleissige Treiben auf dem Wasser. Leider sind wir etwas spät dran, denn aufgrund der heissen Jahreszeit, sind viele Händler schon vor Sonnenaufgang angereist und dementsprechend bereits fertig mit ihrem Handel. So fällt ein weiteres, vermeintliches Highlight unserer Faulheit heute Morgen zum Opfer. So bleibt die Zeit mit Diem unser Highlight der Reise, die gerade so ihr Geld wert ist. Das stellen wir dann auf dem Weg zurück nach Saigon eindrücklich fest. Der Bus ist nochmal ein bisschen dichter bepackt und die Klimaanlage funktioniert gar nicht mehr.
Wir empfinden inzwischen das Gefühl, weiterreisen zu müssen, und kaufen uns spontan ein Busticket nach Mui Né, wo wir die nächsten Tage ruhig am Strand verbringen wollen. Die Mädels sind müde und ich muss zugeben, ich merke es auch. Es sprechen nicht viel. Das ist gar nicht schlimm, denn mal ruhig sein zu können und sich dabei nicht schlecht fühlen zu müssen, ist sehr entspannend.
Wer auch schwieg, war Diem. Denn ich hatte ihm gedroht, dass wenn er sich nicht entschuldigt, ich den Vorfall melde und ihm persönlich in die Eier treten werde. Da lenkte der ein Kopf kleinere Vietnamese ein und versprach es nicht mehr zu tun.