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Nelson | Regen

Paulchens Parkplatz


Paul ist unser Auto. Unser Haus, unser Bett, unsere Küche. Wir leben in Paul. Zu viert. Den Kopf an der Heckklappe, die je nach Wetter offen oder zu ist. Wir meiden die teuren Campingplätze und stehen auf Parkplätzen. Da passieren allerhand Geschichten in der Nacht. Heute fällt viel Regen und wir sitzen ungewohnt untätig rum. Die Gelegenheit, den letzten Morgen in Erinnerung zu rufen.

Klappe auf! Motorengeräusche wecken uns. Sie werden lauter. Ich sehe Licht. Träume ich? Da steht ein Wagen neben uns. Er leuchtet neongrün auf den Boden. Weitere Sportkarossen biegen um die Ecke. Stellen sich in Reih und Glied neben Paul und lassen ihre Muskeln spielen. Verdutzt schauen wir dem Spielchen zu. Weder fast noch furious, aber etwas eingeschüchtert bin ich, denn man weiss nie was passiert. Klappe zu, verstecken und weiterschlafen. Heiss!!! Klappe wieder auf. Etwa eine Stunde vergeht. Wieder Motorengeräusche. Muss das sein? Ist das hier etwa die Raststätte Würenlos? Ein weisser Kleinwagen biegt ein, und steht im toten Winkel. Was nun? Plötzlich fährt er los, passiert unser Blickfeld und was wir sehen ist ein blanker Hintern, aus dem Seitenfenster, verziert mit nem Smiley. Als wäre es nicht schon genug peinlich, (für welche Partei auch immer) begleitet die Polynesier-Jugend ihre Aktion noch mit einem «I Kill You!» «Bah, nicht um diiieese Zeit!» Klappe zu und gute Nacht.

Klappe auf! Sonnenaufgang. «Was passiert da draussen? Was machen diese vielen Menschen hier? In Reih und Glied, oh mein Gott, das sind ja Soldaten! Soldaten? Auf dem Parkplatz? Krieg?! Wir lassen den Blick aus der Klappe schweifen. Um uns stehen hunderte von Zuschauern. Ah! Das ist eine Militärparade! Warum morgens um sechs? Auf unserem Parkplatz? Und warum sind wir mittendrin? Warum sagt uns das niemand, denn da hätten wir ja wegfahren können. Dann müssten die Soldaten nicht im Bogen um Paul stehen. Ach jaaaaa, heute ist ja ANZAC Day. Der Tag an dem man gefallene Soldaten im Weltkrieg würdigt – und Paul ist, im wahrsten Sinne des Wortes, mittendrin. Geht das bald vorbei? Ich will schlafen. Stimme aus dem Lautsprecher: «Kompanie Gleichschritt, Marsch!» Daaaanke! Klappe zu, umgedreht, Dankeschön.

Später am Morgen: Klappe auf: «Hello, wanna buy Drugs? Magic Mushroooms, Weed?» «Hat man denn hier nie seine RUHE??? Klappe zu!

Klopf Klopf! «Open the door please!» Was? Warum? Klappe auf. Mann in Uniform. Ups, was haben wir angestellt? Kommen wir jetzt ins Gefängnis? Oder wurden wir bereits abgeschleppt und haben nichts gemerkt? «You’re not supposed to be here.» Da ist aber kein Schild, mein Lieber. «It’s illegal to stay on this parking.» Aha! Mutig von dir uns um 20 vor acht zu wecken. Echt mutig. Von denen, die das bisher gewagt haben, ernähren wir uns heute noch. «You’ve got 20 minutes to leave.» Okay, er meint’s ernst. Immerhin gibt er uns 20 Minuten! Das reicht ja zum duschen und Frühsport. Können wir nicht einfach ne Busse zahlen und dafür ausschlafen? Klappe auf, aufstehen. Umherirren und im Halbschlaf wegfahren. Zugig hier drin! Mist! Wer hat die Klappe offen gelassen? Junge, Junge … Klappe

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