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14. April | Lake Tekapo – Mount Cook Village –

Die wahren Abenteurer

Wer ist hier der grösste Abenteurer? Wo andere mit wahnsinnsteurer Jack-Wolfskin-Ausrüstung ihre Sicherheit zu verbessern versuchen und für jede Eventualität das richtige Northface-Kapüzchen zur Hand haben, rocken wir mit unseren Converse über Stock und Stein und erklimmen den Pfad in einem Tempo, dass kein Ecco und Goretex mithalten kann.

Wir sind hier die wahren Abenteurer, denn was wir hier machen ist teilweise gemeingefährlich, wenn man unsere unfassbar schlechte Ausrüstung betrachtet, so dass wir selbst fast ein bisschen lachen müssen. Erstaunlicherweise werden wir bestätigt. Denn wer wird mal wieder vom Helikopter abgeholt? Die arme Hikerin, in der Gruppe vor uns gehend, kann wohl aus ihrem Panzer von Outdoor-Klamotten nicht mehr klar sehen, und bricht sich auf einem Kieselstein ausrutschend den Fuss. Sie ist keinen Felsen oder so runtergestürzt und wurde auch nicht von einem Stein erschlagen. Sie ist über den kleinsten Kiesel auf dem Pfad gestolpert. Der Fuss sieht übel aus.

Als wir an der Gruppe vorbeigehen, ernten wir nicht wenige schräge Blicke unseres Outfits wegen. Ich kenne meine Converse besser als jeden anderen Schuh, den ich je getragen habe. Ich weiss wo ich wie gehen und abstehen muss. Und meine Jacke, die gibt warm. Und wenns regnet hat mein Isländer ne Kapuze. Und ich seh erst noch besser aus. Hippie und Rock’n’Roll-Star auf dem Wanderweg, auch wenn das Wetter mal nicht so mitspielt. Sicherheit lässt sich nur begrenzt erkaufen. Und zu viel davon, gibt einem vielleicht ein zu gutes Gefühl. Zack passiert was.

Permanenter Nieselregen. Mir ist er willkommen, kühlt er doch herrlich ab. Mount Cook Village, von wo aus wir unseren Sechs-Stunden-Walk starten, besteht aus einem Hostel, einigen Cottages und einem Fünf-Sterne-Resort voll mit Asiaten, die sich in Sportfliegern ins Tal und auf den Tasman-Gletscher fliegen lassen. Wir haben uns für die Füsse entschieden und die einzige Landebahn, die wir haben, ist die in unserer Unterhose.

Wir treten gleich in die Fusstapfen von Sir Edmund Hillary. Er ist National-Held hier in Neuseeland, aber auch eine Person mit Weltruhm. Zu seinem Palmarès gehört das Erklimmen des Mount Everests als einer der Ersten und noch viele andere, erstaunliche Dinge, die man nur als richtiger Abenteurer tut. Die Kiwis rühmen ihn nicht nur mit einer Statue am Fusse seines Hausberges, dem Mount Cook, sondern auch mit einem Abbild auf der Fünf-Dollar-Note. Sehr ruhmreich, für einen Menschen, der noch gar nicht gestorben ist.

Ab ins Tal gehts am Fusse des höchsten Berges Neuseelands entlang. Es ist anstrengend und einiges mühseliger als gestern. Aber wir kommen vorwärts über Stock und Stein, gegen den Wind gestellt und über Hängebrücken kletternd, um klaffende Schluchten zu überwinden. Der finale Anblick der Gletschermoräne des Tasman-Gletschers und dem daraus entstandenen Tasman-Lake, sind es wert. Zügig ists hier oben. *brrrr*

Neuseelands Gletscher sind, wie alle auf der Welt, rückläufig. Doch hier herrscht eine Ausnahme. Auch wenn sie irgendwann verschwinden sollten, gibt es hier gute Nachrichten! Der Tasman- und Fox-Gletscher (auf der anderen Seite der Bergkette) sind in den letzten Jahren gewachsen! So was hört man auch nicht oft. Das hängt mit der andauernden Feuchtigkeit zusammen – denn hier und an der Westküste fällt am meisten Regen. Beeindruckt gehts auf den Weg zurück. Weil Tessa und ich es beide nicht mögen, zweimal den gleichen Weg zu gehen, haben wir zum Schluss etwas Mühe und gönnen uns eine herrliche Gemüselasagne im Café des Hotels und anschliessend ein Nickerchen in der Lobby unter den wachsamen Augen der Security, damit wir auch ja nicht die Füsse aufs Polster legen. Woher kenn ich das bloss …

Zurück in Lake Tekapo, erwischen wir gerade noch unseren Bus, der uns bis spät in die Nacht weiter nach Christchurch bringt. Soeben schaue ich ins Dunkel hinaus, Tessa ist auf meiner Schulter eingeschlafen und lässt sich nicht mal vom Klang der Tastatur aus ihren Träumen reissen. Schlaf schön, du guter, schöner Mensch.

In den letzten Tagen habe ich von zu Hause viele lange Nachrichten mit schönen Inhalten erhalten. Es tut gut von euch zu lesen. Auch wenn ich manchmal etwas Zeit brauche um zu antworten, es kommt alles an und wird alles gelesen. Ich danke euch von ganzem Herzen, auch wenn die Themen manchmal nicht so schön sind. Das brauchts auch.

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